Wieso fahren wir ohne Fahrschein schwarz?

Liebe Frau Andrea,
rund 93.000 Schwarzfahrer haben die Wiener Linien im Vorjahr erwischt, habe ich in den Nachrichten erfahren. Das finde ich höchst erstaunlich. Also weniger die Tatsache, dass Menschen ohne Ticket die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, und mehr, dass dies als „schwarzfahren“ bezeichnet wird. Woher kommt dieser Bezeichnung eigentlich? Wissen Sie dazu mehr?
Beste Grüße,
Laura Wiesböck, Alsergrund per Email

Liebe Laura,

im meinem Buch „Wien wirklich!“ (Metroverlag 2017) widmet sich das Kapitel „Beweger“ der Erlebniswelt des Wiener Verkehrs. An ihr nehmen Fahrgäste und Transport-Dienstleister in unterschiedlichen Wahrnehmungsperspektiven teil. Mit dem Beruf des Fahrscheinkontrollors verbindet sich noch heute der Ausdruck „Schwoadskappls“ (Schwarzkappler, wegen der Farbe der Dienstmütze). Obschon Fahrscheinkontrollen längst in Zivilkleidung durchgeführt werden, sind Mitglieder diese Truppe (intern „Zettelzupfer“, extern „Zivükappla“ genannt) an arkanen Zeichen erkennbar, etwa dem verräterischen Grußnicken beim Einfahren eines Zuges und dem Mitführen der „Schwuchtelschleuder“ (Herrenhandtasche), jenes Dienst-Accessoires, aus dem Kontrolleure Erlagscheine zupfen, wenn erwischte Schwarzfahrende die Mehrgebühr nicht bar berappen können.

Woher aber kommt der Ausdruck „Schwarzfahren“? Wir kennen andere Begriffe aus der Welt des Illegalen, so das Schwarzarbeiten, das Schwarzbauen, das Schwarzbrennen und das Schwarzschlachten. Unsere Großeltern kannten noch den Schwarzmarkt und den Ausdruck „etwas schwarz“ (unter der Hand, unter dem Ladentisch) zu (ver)kaufen. Eine Informationskampagne des ORF thematisierte jüngst das Schwarzsehen (Radio zu hören, und fernzusehen, ohne das Gerät anzumelden).

Rassistischen Hintergrund, wie vielfach angenommen wird, haben die Begriffe nicht. Die Farbe Schwarz wird vielmehr mit dem Dunklen im Sinne des Verdunkelns in Verbindung gebracht. Wurde doch früher das Heimliche, Unerlaubte gern im Schutze der Dunkelheit ausgeführt wurden. Die Wendung „schwarz über die Grenze gehen“, ohne Pass ins Ausland zu kommen, zeigt diesen Zusammenhang noch am deutlichsten.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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