Advent

Viele halten den Fasching für die Jahreszeit mit der größten Österreichischkeit. Hüttengaudi mischt sich mit Spätwintereuphorie, Walzerseligkeit mit Vorfrühlingsmanie. Dabei wird vergessen, dass die Bewohner des Landes viel lieber und mit größerem Talent auf den dunklen Pfaden der Depression wandeln.

Die ideale Zeit für diese Gefühlswetterlage ist die Zeit vor dem Weihnachtsfest. Aus katholischer Perspektive soll sie uns in stiller Freude auf den adventus Domini vorbereiten, die Ankunft des Herrn, exakterweise den Jahrestag der Niederkunft Mariens mit dem Herrn, dem sogenannten Christkind.

Die vier Wochen vor Weihnachten werden ebenfalls Advent genannt, sie sind ein kalendarischer roter Teppich, auf dem wir, willens oder unwillens, gegen den 24. Dezember stolpern. Manche fürchten sich vor diesem Datum, es ist trotz aller guten Vorsätze sehr oft ein unfröhliches Fest, wegen seiner Bestimmung als inniges Fest der Familie kulminieren hier Tragödien und Eskalationen. All dem soll das Geschenk entgegenwirken, ein Opfer, das die Tugend der Selbstlosigkeit bedient und öfter aus der Freude der Schenkenden besteht, denn aus jener der Beschenkten. Der Advent ist in galoppierender Möglichkeits-Verknappung die Zeit des Geschenkekaufs, der Rast am Punschstand und der Unruh im stehenden Verkehr. Das Opfer ist mit Schmerz verbunden, es fordert finanziellen Tribut, nervlichen, gesundheitlichen.

Wer es schafft, den Advent unbeschadet zu überstehen, gehört zu den Glücklichen. Wer es schafft, den Advent ohne Firmenweihnachtsfeier zu absolvieren, gehört zu den Seligen.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14. Dezember 2019.

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