Die SPÖ

Österreichs älteste Partei ist auch Österreichs Gebrechlichste. Den einen liegt sie am Herzen, den anderen im Magen. Neuerdings wechseln Beschwerden und Organe. Bürgerliche mit Twitter-Gefolgschaft entdecken ihre geheime Zuneigung zur Arbeiterbewegung, Proletarier bekommen hörbares Bauchweh, wenn sie an die Sozialdemokratie denken. Altlinke aus Direktionsetagen melden sich mit Büchern und Befunden, Neulinke brennen für alte Werte und Traditionen. Jüngst verstieg sich gar der Chef der Freiheitlichen zu einer Solidaritäts-Adresse für die in Seenot geratene Bundespam.

Freunde der Übertreibung sehen im Krisenschlingern der SPÖ Ähnlichkeiten mit dem Untergang der Sowjetunion, ohne dabei zu bedenken, dass dieser strukturell nichts besseres folgte. Freunde der Untertreibung (sie kleben in den roten Bunkern) sehen stimmende Richtungen allerorten. Dass dabei das Verirren vorprogrammiert ist, verstehen sie nicht. Schlimmer noch: Sie wollen es auch nicht hören.

Wie auch immer der Kampf um Doktor Fausta Rendi-Wagner, Zaubergeselle Deutsch und die rachsüchtigen Mitglieder der Liesinger-Partie ausgehen mag, er ist ganz und gar selbstverschuldet.

Um bei der Beschwerden-Metapher zu bleiben: Die Sozialdemokratie hat sich über die Jahrzehnte mit blähenden Beton übernommen, mit teuren Beratern die Gelenke ruiniert. Karrieristen und Korruptionisten haben sie übersäuert, und die Langzeit-Koalition mit den Schwarzen hat ihre Seele verfettet. Es ist kein Wunder, dass die alte Tante krankt.

Im Kopf aber bleibt die SPÖ, was sie seit Anbeginn der Zukunft war: Ein Romantikprojekt mit Optimismus-Pessimismus-Legasthenie.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 7. Dezember 2019.

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