Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 48/2019 zum 27. November 2019.
Liebe Frau Andrea,
die aktuelle Benimm-Vorschrift der Wiener Linien entzweit meinen Bekanntenkreis. Die Männer in meiner Blase (wie das klingt!) fühlen sich diskriminiert, die Frauen sind geteilter Meinung, je nach Feminismus-Grad. Ich selber würde dem einen oder anderen Man-Spreader was sagen. Ruhig, aber bestimmt. Aber was sagt man da am Besten?
Bitte um Tipps,
Paula Brucker-Nowak, Ottakring, per Email
Liebe Paula,
wir wollen uns hier nicht über die anatomischen Bedingtheiten des männlichen Skeletts unterhalten. Auch im Diskurs über übergewichtige Damen mit Einkaufstaschen (She-Bagger) werden wir nicht voranschreiten. Die Foren und Kommentarräume der Sozialen Medien sind reich geflutet mit Unterhaltungen über männliche Sitzgewohnheiten und ihre weiblichen Gegenentwürfe.
Ich rate bei persönlicher Intervention zum Mittel der satirischen Überhöhung. Bewundern Sie den Man-Spreader, anstatt ihm das Gefühl geben, situativ zu stören. Sagen Sie Sätze wie: „Oh, herrlicher Gegenübersitzer, was für ein superfettes Geschlechtsteil sie da haben!“ Werten Sie in kompetenter Manier: „Holla, die Waldfee! Man sieht deutlich, was für ein potenter Hirsch sie sind! Respekt!“ Fragen Sie, ob Sie ein Handyphoto machen dürfen, für Ihren Freund daheim, der „so einen“ Bein-Winkel „noch nicht so prima zusammenbringt“. Machen Sie ein Selfie mit dem Man-Spreader: „Für den Mutti-Abend!“ Nicken Sie bewundernd zu Texten wie: „Die Kolleginnen werden voll Neid erfahren, was ich da wieder gesehen habe!“ Falls Sie mit einer Freundin unterwegs sind, könnte auch ein Dialog anhaltende Freude bereiten. Diskutieren Sie die Technik des Spreaders, geben Sie Haltungsnoten und erörtern das zu Sehende: „Hach, wie schön, ich liebe es, in medias res zu blicken!“ Loben Sie den Spreader: „Ihre Mittenausbuchtung ist phänomenal!“, „Oi, was für Eier!“ oder „Sie sind sicher superausdauernd im Nachtlager!“
Immer gut für satirische Interventionen ist das fingierte Handygespräch. Sagen Sie einer imaginären Freundin Sachen wie: „Er sitzt mir jetzt gegenüber. So schön. Ein richtiger Mann. Nicht wie die Luschen, die die Beine zusammenreißen, kaum schaut man ihnen aufs Innere.“
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina