Die österreichische Öffentlichkeit ist eine Arena, in der nicht klar ist, wer das Publikum ist, wer die Artisten, und wer die Clowns. Es zirkulieren zahlreiche Metaphern, die das fragile politische Bündnis einer Koalition zu beschreiben versuchen. Manche bemühen das Bild einer Ehe (vergessend, dass viele der jüngeren Akteure das Institut nicht aus eigener Anschauung kennen), andere sehen in einer Regierungskonstellation grundsätzlich nicht mehr als trügerische Freundschaft (im Romantikfall eventuell vorsichtige Liebe), nochmal andere erkennen ein brutal geführtes Wagenrennen, das gewonnen werden kann (wenn die gegenerischen Gäule unerwartet lahmen oder einer der Partner mit angesägten Speichen frühzeitig aus der Kurve fliegt).
All diese Gleichnisse schreiben den heimischen Akteuren die Lust am Ludischen zu, der Freude am Spiel. Das ist nicht ganz richtig und nicht ganz falsch. Besteht doch ein Wesenszug des Spiels, dass den Beteiligten klar ist, dass der Ernst nur simuliert ist. Beim politischen Spiel ist es genau umgekehrt. Hier handelt es sich um Ernst, bei dem das Spiel nur simuliert wird.
Österreich arbeitet noch an der Produktion dieser Erkenntnis. Ernst und Spiel sind hierzulande in eins zusammengeworfen, das eine vom anderen nicht zu unterscheiden. Manchmal scheint es, also ob die einen Spielteilnehmer sich in einer Schachpartei wähnten, andere durch ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel taumelten und dritte gerade eine Patience legten. Gestört nur durch selbsternannte Schiedsrichter und ungerufene Trainer aus gänzlich anderen Disziplinen.
Den Satz aus Monopoly hört dennoch jeder gerne: „Gehe über Los, hebe 20.000 ab!“
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 23. November 2019.