Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 46/2019 zum 13. November 2019.
Liebe Frau Andrea,
neulich war ich wieder mal in Twitterhausen spazieren und sah eine Feiertagsanzeige der SPÖ – ein kerzenbeleuchteter Halloween-Kürbis, in den die drei Pfeile der Partei geschnitzt waren. Und dann postete jemand drunter: Die Richtung stimmt. Jetzt meine Frage: Wieso zeigen die SPÖ-Pfeile nach unten? Das ist doch messagemässig völlig daneben!
Bitte um Enträtselung und liebe Grüße,
Katharina Ilg, Leopoldstadt, per Facebook-Direktnachricht
Liebe Katharina,
das traditionelle Parteisymbol der Sozialdemokratie, drei nach links unten weisende weiße Pfeile im roten Ring, geht nach Expertise von Parteiforschern auf den im deutschen Exil lebenden russischen Ideologen und Mikrobiologen Sergei Stepanowitsch Tschachotin zurück. Gemeinsam mit dem SPD-Politiker Carlo Mierendorff hatte er die “Drei Pfeile” als Symbol der “Eisernen Front”, des Zusammenschlusses sozialdemokratischer Vereinigungen entworfen, und 1932 auf einer Sitzung des Propagandaausschusses der deutschen Sozialdemokraten vorgestellt. Drei Pfeile, so das Konzept des Ideogramms, eigneten sich gut, um ein Hakenkreuz durch Übermalung zu „zerstören“. Die drei Pfeile wurden unterschiedlich interpretiert. Sie standen für die drei Feinde der Demokratie Kommunisten, Monarchisten und Nationalsozialisten, aber auch für die drei Pfeiler der Arbeiterbewegung: Partei, Gewerkschaft und Wehrverbände.
Bereits am 8. August 1932 schlug Otto Felix Kanitz im Parteivorstand der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs vor, die “Drei Pfeile” auch in Österreich als sozialistisches Kampfabzeichen zu tragen. Dem Vorschlag, die “Drei Pfeile” nach oben zu richten, wurde entgegnet, dass der “Feind” nur in den Niederungen der Menschheit zu suchen sei und die Pfeile selbstverständlich nach unten zielen müssten. 1933 wurde ihr öffentlicher Gebrauch vom Ständestaat verboten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der Vereinigung von Revolutionären Sozialisten und Sozialdemokraten zur neuen SPÖ wurden die “Drei Pfeile” vom „Roten Ring der Einheit“ umschlossen. Die Pfeile standen nun für Arbeiter, Bauern und Kopfarbeiter. Wie sie jüngst in den Kürbis kamen, wird noch ermittelt.
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