Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 44/2019 zum 30. Oktober 2019.
Liebe Frau Andrea,
geboren 1954 im Waldviertel, gehörten sogenannte „Trauerschleifen“ zur Grundausrüstung trauernder Angehöriger. Es waren schwarze Schleifen, die am linken Arm an der Oberbekleidung befestigt und ein paar Wochen lang nach einem Todesfall in der Familie sichtbar getragen wurden. Wozu, wusste eigentlich niemand genau, ich nahm immer an, dass damit der Umgebung signalisiert werden sollte, dass dumme Späße gegenüber der Trauerschleifen-TrägerIn im Moment nicht erwünscht waren.
Erst unlängst dachte ich wieder daran und auch darüber nach, wohin diese Trauerschleifen denn verschwunden sind, ein Todesfall der Trauerschleifen? Und wie ist das nun mit den dummen Späßen?
Vielleicht wissen Sie ja mehr.
Herzliche Grüße aus der Josefstadt,
Ingeborg Mayer, per Email
Liebe Ingeborg,
unsere Sepulkralkultur ist untrennbar mit der Farbe Schwarz verbunden. Trauernde kleiden sich zu Begräbnissen schwarz, schwarz sind die Flore, die Fahnen angeheftet werden, wenn sie auf Halbmast gesetzt werden, gänzlich schwarz sind viele Fahnen, die im Trauerfall von öffentlichen Gebäuden wehen. Die schwarze Binde, für sechs Wochen am linken Arm getragen, begann irgendwann in den 70ern von Handbreite auf schmälere Dimensionen zu schrumpfen, bis sie irgendwann überhaupt nicht mehr angelegt wurde. An ihre Stelle trat, wenn auch etwas später, ähnlich dem Red-Ribbon der AIDS-Awareness, die schwarze, am revers getragene Schleife. Aus Italienurlauben der 70er und 80erjahre erinnern wir uns noch an schwarzgekleidete Mammas und Nonnas. Als Witwen trugen sie nur mehr Schwarz, bis zu ihrem eigenen Ableben. In vielen Stuben der österreichischen Landprovinz hingen und hängen Bilder der Großeltern und Urgroßeltern, zum ehrenden Gedenken an den Status „weiland“ mit schrägem schwarzen Streifen im rechten oberen Eck.
Männer mit gutsortiertem Kleiderschrank halten für Trauerfälle auch heute noch den schwarzen Anzug und die schwarze Krawatte in Bereitschaft. Insgesamt aber darf ein radikaler Schwund in der Durchschwärzung von Trauernden festgestellt werden. Wie auch die dialektische Bereitschaft zu dummen Späßen.
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