Brexit

Lange Zeit waren Österreicherinnen und Österreicher in der wohligen Geborgenheit gefangen, eine Insel der Seligen zu bewohnen. Katastrophen fanden auf dem Festland statt oder auf anderen Eilanden fernab.

Die Zuschreibung hat eine zutiefst österreichische Karriere. So fand sich im November 1971 in der Arbeiterzeitung ein Bericht über den Vatikanbesuch des damaligen Bundespräsidenten Franz Jonas, dem der Besuchte (Papa Paolo VI aus dem Hause Montini) beschied, er sehe Österreich als „isola felice“, als „glückliche Insel“. Der Pontifex bezog sich auf den sozialen Frieden, das Staatssteckenpferd Neutralität und wohl auch ein wenig auf das sonnige Wesen Franz Jonas‘. Etwas später ondulierte Sonnenregent Bruno Kreisky das Zitat und sprach von der Republik als „Insel der Seligen“. Die Griechen hatten diese Sagenlokalität Elysium genannt und damit Orte an den äußersten Rändern des Erdkreises gemeint, an die ausgewählte Helden entrückt werden, um als Unsterbliche ein glückliches Leben zu führen. Bingo.

Das konnte der Heilige Vater in der Ewigen Stadt so nicht stehen lassen, gilt doch der Himmel als Stätte glücklichster Endruhe. In einer Rede in der Wiener Hofburg im Herbst 2007 stellte Papst Benedikt XVI. daher fest, Österreich sei keine „isola felice“. Die Auswirkungen waren fatal. Schleichend sprach sich die Elysionfreiheit am Globus herum und löste eine Österreichifizierung anderer Staatswesen aus. Die Welt ist insgesamt Österreich geworden. Twitterautor Trump, Bösewicht Bolsonaro und neuerdings Brexit-Jongleur Boris Johnson arbeiten nach der österreichischen Urdevise „Schau ma mal, dann seng ma scho“.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 7. September 2019.

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