Mit kalendarischer Verlässlichkeit stellt sich hierzulande das sogenannte Sommerloch ein. Die Briten, anerkannte Experten auf allen Feldern des organisierten Irrens, nennen die Zeitspanne „silly season“, verrückte Jahreszeit. Die Bezeichnung bezieht sich auf die (boulevard-)journalistische Produktion der Sommermonate. Die Berichterstattung über politischen Irrsinn wird zur Sommerlochzeit durch solche über allgemeinen Quatsch ersetzt. Wegen der ganzjährigen Ausweitung des Geschäftsmodells durch die Yellow Press (und ihrer Beiträger, der Politiker) gilt das Sommerloch als sterbendes Genre. Es droht die Ganzsommerlochzeit. Der Klimawandel und die Forderungen des Fremdenverkehrs nach ewigen Ferien kommen dem gewiss entgegen.
Große Konjunktur hatten während vergangener Sommerlöcher die sogenannten Sommerlochtiere. Als Ahntier aller Sommerlochkreaturen galt das Ungeheuer von Loch Ness. Dänemark und der äußerste Deutschen Norden schreckte sich einen ganzen Sommer vor einem vazierenden Puma. Brillenkaiman Sammy sah in einem Baggersee bei Düsseldorf nach dem Unrechten, Killerwels Kuno schrieb in einem Mönchengladbacher Weiher fette Schlagzeilen. Berühmte Sommerlochtiere mit überregionaler Präsenz waren Problembär Bruno, die unglücklich in ein Tretboot verliebte Schwänin Petra, Problemkuh Yvonne, Leistenkrokodil Max, Problemstorch Ronny und die gelbe Anakonda (schon wieder ein Baggersee in Düsseldorfer Nähe!) Sieht man vom kopflosen toten Wolf im Tiroler Sellrain ab, bespielt dieses Jahr nur der wahlkämpfende Mensch das Sommerloch. Wir harren der Aufreger!
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 17. August 2019.