Berufe mit Zukunft

Die Zeit der Alleinregierungen war auch eine Zeit des alleinregierenden Fernsehens. Kein Privatsender störte den Schirm. Küniglberg und Parteizentralen waren kommunizierende Gefäße. Eine prägende Sendereihe dieser Zeit hieß „Was könnte ich werden?“ Das Format lief in perfider Pragmatik während der Schulstunden. Es konnte daher nur von Könnenwerdenwollern gesehen werden, die krank darniederlagen oder gesund den Unterricht schwänzten. Die Autorin dieser Zeilen gehörte zu beiden Peergroups und wurde über die Jahre mit sämtlichen Möglichkeiten beruflicher Zukunft vertraut gemacht. (Für die unüblichen Berufe war der Münchner Quizonkel Robert Lembke mit seiner heiteren Ratesendung „Was bin ich?“ zuständig).

Was wollte man damals werden? Oder besser: Was sollte man werden wollen? Welche Berufsausbildungen versprachen eine goldene Zukunft? Beliebte weibliche Perspektiven sahen ein Leben als Verkäuferin vor (man sagte: Einzelhandelskauffrau), als Friseurin, Perückenmacherin oder Schneiderin (es hieß: Damenkleidermacherin und Herrenkleidermacherin), als Köchin, Sekretärin (vulgo Bürokauffrau, Industriekauffrau, Großhandelskauffrau), Kellnerin (ja: Restaurantfachfrau!), Blumenbinderin und Konditorin. Junge Männer wurden Automechaniker, Tischler, Elektriker, Maurer, Verkäufer, Schlosser, Installateur, Zentralheizungsbauer, Maler und Anstreicher. Und Koch. Es war eine Welt voller Glücksverheißungen. Sicherheit und Wohlstand wurden versprochen, ein Leben voller Chancen, gespickt mit Erfüllung.

Heute wird man Projektmanager. Social-Media-Betreuer. Schredder.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 10. August 2019.

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