Es ist alles

Er wurde oft belächelt für den Befund. Fred Sinowatz, promovierter Historiker und frisch angelobter sozialdemokratischer Bundeskanzler hatte in seiner Regierungserklärung eingestanden, er wisse, es klinge alles sehr kompliziert.

Sinowatz‘ hatte dazumal noch keinen größeren Erklärungsbedarf, seine Koalition mit den Freiheitlichen zu legitimieren. Sonnenkönig Bruno Kreisky war nicht willens, koalitionär zu regieren. Es war jetzt anders.

Das Andere dauerte erstmal 3 Jahre und 23 Tage, sein Ende war dem Rücktritt Sinowatz‘ nach der Wahl Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten geschuldet. Banker Franz Vranitzky übernahm ungewählterweise, wenn auch nur kurz, denn das Ibiza von 1986 war die Kür von Jörg Haider zum Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei. Es war wieder kompliziert.

Ist es heute kompliziert? Keineswegs, der JAAZ (jüngste Altkanzler aller Zeiten) lässt sich segnen und ist bester, außerparlamentarischer Dinge, der Altvizekanzler hat seine Gattin in Stellung gebracht und leidet still. Altaltkanzler Kern gibt launige Interviews, die Bundespam rudert durch die Untiefen, und die Kleinen sammeln sich, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Hoffnungsqualitäten. Jetzt wird wohl nimmer sein, Grün kommt wieder.

Das Erstaunlichste aber ist die Friedlichkeit des Interregnums. Ist Bierlein die Ruhe vor dem Sturm? Die erste Regierung, der man das Nichtgewähltsein vorgeworfen hatte, mutiert zur ersten Regierung, der niemand auch nur irgendetwas vorwirft. Weder Taten noch Missetaten.

Es ist alles anders.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 29. Juni 2019.

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