Na prack, der Pracker kommt

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 26/2019 zum 26.6.2019.

Liebe Frau Andrea,
haben Sie schon einmal von einem Gemüsepracker gehört? Ich kenne das Wort aus meiner Kindheit (bin 1945 geboren). So nannte meine Mutter die Wagen, die an der Ecke Mariahilferstraße Gemüse und Obst verkauften. Es waren Anhänger mit hölzener Plattform, mit heruntergeklappten Seitenteilen. Ob diese von Pferden oder Maschinen gezogen wurden, weiß ich nicht mehr oder habs nicht gesehen. Ich nehme an, dass Bauern aus der Umgebung dorthin kamen und nicht „Prager“. Aber wie kann ich mir diese eigenartige Bezeichnung erklären? Niemand, den ich fragte, kannten diese Bezeichnung: Pracker. Können Sie mir weiterhelfen?
Mit lieben Grüßen,
Christine Gruber, per Email

Liebe Christine,

einige aus meiner Alterskohorte kennen noch das Wort Pracker (für Prügel) und pracken (für schlagen). Es zirkulierte in vorstaubsaugerlichen Zeiten als Kompositum Teppichpracker. Das so bezeichnete Gerät war aus Weidenruten geflochten, hatte entfernt die Form eines Tennisschlägers und diente dazu, Hausstaub aus Teppichen zu schlagen. Die dazu dienlichen Klopfstangen waren in jedem Wiener Hinterhof installiert.

Die von Ihnen erwähnten Viktualienpracker sind weit weniger Wienern noch erinnerlich, das Wort ist mit den Wägelchen (fast) verschwunden. Als Pracker galten die Wanderverkäufer, die mit handgezogenen Pritschenwagen durch die Straßen zogen und mit lautem Kaufruf Obst und Gemüse der Saison anboten.

Grimms Wörterbuch kennt den Bracker, den examinator mercium, den Händler, der Vieh und Ware brackt. Brackgut bedeutet dort soviel wie Ausschuss, schlechte Ware, der Brackhering etwa den ausgesonderten Hering. Das Wort kommt möglicherweise aus dem Forstwesen, wo untaugende Bäume Bracken genannt wurden. Eine Verwandtschaft zu breken, braken im Sinne von brechen, ausbrechen, und schließlich zu wracken, auswerfen, ausscheiden, ist wahrscheinlich.

Das Brackwasser, eine Mischung aus salinem und süßem Wasser hat nur scheinbar mit schlechter Ware zu tun, bezieht seine Nämlichkeit aber ebenfalls aus dem Brechen. Es ist aus dem Damm ausgebrochenes Wasser. Na prack.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

2 Gedanken zu „Na prack, der Pracker kommt“

  1. Im Wiener Fußballjargon wird der Links- bzw. Rechtsverteidiger zur äußeren Seite der Defensive mit dem schönen Begriff „Außenpracker“ bezeichnet. Auch nicht uncharmant, oder? Anders als man vermuten könnte, firmieren die Innenverteidiger jedoch nicht als Pracker. Einen Pracker hingegen haben Austria-Wien-Supporter, wie ich einer bin, hin und wieder, wenn es – selten genug – etwas zu feiern gibt: In meiner oberösterreichischen Heimat ist ein Pracker auch ein Alkoholrausch, der sich gewaschen hat.

    Zack-prack!

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