Angst, Wein und Wäsche

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 19/2019 zum 8.5.2019.

Liebe Frau Andrea,
jungwilde Raw-Wine-Avantgardisten arbeiten seit einiger Zeit wieder mit der von Ihnen unlängst „Kham“ geschriebenen Kammhefe. Mit diesem speziellen Geschmacksbild unvertraute Trinker werden solche Weine vermutlich spontan mit dem Begriff „Glaudern“ assoziieren, was aber deutlich zu kurz greift und dem Symptombild „Was der Bauer ned kennt, frißt er ned“ zuzuordnen ist. Eine Etymologie für „Glaudern“ aber ist mir nicht geläufig. Ihnen?
Mit feuchtfröhlichen Grüßen,
Thomas Maurer, per Email

Lieber Thomas,

als Weinstadt und Sprachverstärker kennt das Wienerische den Begriff. In gängiger Transkription schreibt sich unsere Vokabel Glodarn und bezeichnet generell die faulige, schäumende Flüssigkeit, das schlechte Getränk. Minderwertiges Bier bezeichnet der Wiener übrigens als Blempe (von rotwelsch Plomp, Wasser), Dramweibüsna (Tramwaypilsener) oder Fensdaschwids (Fensterschwitz).

Obwohl es auch noch eine zweite Glodarn (auch Gläudan) gibt, die schlicht die Angst bezeichnet, haben die beiden Wörter sprachgeschichtlich wenig mit einander zu tun, zumal die Etymologie der Gläudan noch weitgehend ungeklärt ist. Auch das Gschloda (Geschlader) das schlechte Getränk, etwa der schwache Kaffee (das Dsigúariwossa, Zichoriewasser) hat mit der Glodarn nur scheinbar zu tun, kommt es doch vom Verb schledarn, mittelhochdeutsch *slœteren, soviel wie Schlamm, Nässe verpritzen.

Der Schaum der Glodarn gibt uns den Hinweis auf ihre Herkunft, handelt es sich bei unserer Bezeichnung doch um ein altes germanisch-deutsches Wort für die seifenschaumartige Flüssigkeit. Das Altwienerische kennt das Loda (Lader) und bezeichnet damit die Seifenlösung, die Lauge, die man zum Reinigen der Wäsche, aber auch des Holzfußbodens benötigt. Es ist direkt verwandt mit dem englischen lather (Seifenschaum). Das berühmte Wäschermädel firmierte deshalb als Lodanimpfm, (Ladernymphe). Loder, lather, und damit auch unsere Glaudern kommen von einem protoindoeuropäischen *loutro-, das direkt verwandt ist mit griechisch louein (baden) und lateinisch lavere (waschen). Prost und Ex! Es wird ein Wein sein! 
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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