Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16.3.2019.
Das Instrument zur Beobachtung des nationalen Selbst ist die jeweilige Hymne eines Landes. Und hier insbesondere deren Text. Er ist die Kurzbeschreibung sämtlicher Verhältnisse, aktueller wie vergangener. Die Hymne ist die Inhaltsangabe des Landes. Im Österreichfall stammt sie aus der Feder einer kroatischen Aristokratin, Paula von Preradović.
Schon in der Volksschule erfahren wir, worauf Österreich stolz ist, worum es geht, und was uns bewegt: Berge, Strom, Äcker, Dome, Hämmer und der Reichtum der Zukunft (war die schon oder kommt sie noch?) Das Land ist Heimat großer Söhne (und neuerdings auch Töchter), sein Volk begnadet für das Schöne. Vielgerühmt ist das Land, aber heiß umfehdet und wild umstritten (und falls kein Atlas zur Hand ist): Es liegt dem Erdteil inmitten. Einem starken Herzen gleich.
In weiteren Strophen wird von Ahnentagen berichtet (nicht jedoch von welchen), und von der Last hoher Sendungen (hier kommt der ORF ins Spiel). Vielgeprüft ist dieses Österreich (von Kontrollbehörden und Untersuchungsausschüssen), dennoch mutig, frei und gläubig. Aber wie! Wir gehen nicht, wir stehen nicht, wir laufen nicht: Wir schreiten. Des Reimes wegen, in die neuen Zeiten. Arbeitsfroh und hoffnungsreich. Musikbesessen sind wir, wenn auch spirituell korrumpierbar: In Jubelchören schwören wir dem Vaterland die Treue. Dem eigenen. Einig, wie sich versteht.
Unsere Hymne endet mit dem Hinweis auf die Zentralbegabung des Landes: Die Vielliebe. Vom Viellesen berichtet die Hymne nicht.