Der Huanbeidl und seine Verwandten

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 06/2019 zum 6.2.2019.

Liebe Frau Andrea,
einem Freund entkam durch ein Manöver eines vor ihm Fahrenden das ungehobelte Wort „Huanbeidl“. Kaum ausgesprochen, kamen ihm Zweifel über die Sinnhaftigkeit und Bedeutung dieses Wortes. Im Wissen, dass ich eine wohlausgestattete Bibliothek besitze und deswegen zu (fast) jeder Frage eine Antwort wüsste, scheute er sich nicht, mich zu später Stunde anzurufen, um eine Auskunft von mir zu erhalten. Ein Griff in Ihr Buch „So geht Wien!“ führte mich zwar schon ganz in die Nähe des gewünschten Wortes, aber eben nur in die Nähe! Darf ich Sie bitten, mir die Bedeutung des zusammengesetzten Substantives zu erklären?
Herzliche Grüße!
Alfred Kreisa, Tattendorf, per Email

Lieber Alfred,

ein gemeinsames „Hoch“ auf die wohlausgestattete Bibliothek! In ihr sollte mein Buch „Wien wirklich“ nicht fehlen, denn dort widmet sich ein 23seitiges Kapitel der Sprache der Galerie (so die Selbstbezeichnung des Milieus).

Neben der Bezeichnung Hua (Hure, Plural: Huana) hat sich ein reicher Katalog an Invektiven für die Sexarbeiterin angesammelt: Baa (Bein), Schwoim (Schwalbe), Schnebfm“ (Schnepfe) und Kotz (Katze), oft auch mit vorangestelltem Ortsbezug: Proda- (Prater), bzw. Giatl- (Gürtel). Eingeweihte kennen die Audrücke Chonte (jiddisch für Dirne), Flanschn (Haut), Käuli (jiddisch kale ist die Braut) und Kleschn (Vulva, von jiddisch chaleschen, schwach werden), sodann Schnoin (Schnalle, nach der Vulva der Wölfin) und Schrefn (vom mittelhochdeutschen schreffe, Spalte). Sehr alte Bezeichnungen sind Zauck (Zauke ist die Hündin) und Zusl (von Zusel, Klitoris).

Der Kunde der Wiener Dirne wird im Milieu als Freia (Freier), Hea (Herr) und Kavalier bezeichnet, als Gogl (Gockel) oder Wedl (Wedel). Anatomisch ungenau wird der Durchschnittskunde generell Beidl (Beutel) genannt. Für das Kompositum Huanbeidl gibt es im Milieu keinen Bedarf. Huanbeidl ist eine Bezeichnung von ausserhalb der vorgestellten Klientel. Das Wort bezeichnet einen Mann, der im Ruch steht, zu Prostituierten zu gehen. Es hat sich längst von allen Tatsächlichkeiten gelöst und vaziert als Beleidigungswort für jegliche Art männlichen Fehlverhaltens.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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