Wer auch immer der Quiqui ist

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 03/2019 zum 16.1.2019.

Liebe Frau Andrea,
als echter Wiener weiß ich natürlich, wer der Quiqui ist. Meine französischsprechende Partnerin kann diesem Ausdruck allerdings wenig sensenhaftes abgewinnen. Sicher wissen Sie besser, warum man den Sensenmann altwienerisch so bezeichnete?
Ich wäre todunglücklich, wenn Sie mir nicht weiterhelfen könnten!
Amen, Gerhard Walter, Porto-Novo und Omsk, per Gesichtsbuchdirektnachricht

Lieber Gerhard,

wie Sie richtig bemerken, ist Quiqui (ausgesprochen Gwigwi) eine beliebte und bekannte alte Wiener Bezeichnung für den Tod. In den Phrasen, die das Thema berühren, wird der oder die Protagonistin vom Quiqui geholt, beziehungsweise im Eigenreportagefall nur vergeblich mitgenommen. Über die Herkunft des Wortes gibt es erstaunlich wenig Forschung. Falls der Quiqui, wie so vieles im Wienerischen, aus dem Rotwelschen (der Sprache der Gauner) oder dem Jenischen (jener der Vagabunden) kommt, wäre der abholende Endgesell der verdoppelte Qui oder Quin, Qvihn, Quihn, Quien, wortgeschichtlich auf französisch chien und lateinisch canis, Hund zurückgehend. Als kläffender Straßenköter würde der Quiqui sich über den frisch Verblichenen hermachen.

Nach anderslautender Theorie und mit größerer Wahrscheinlichkeit kommt der Quiqui ebenfalls aus dem Romanischen, aber vom Fragewort quisquis (sinngemäß: „wer auch immer“). Im fünften Casus, Lateinern als Vokativ (Anredefall) bekannt, wird der Quisquis zum Quiqui. Der Quiqui ist also die Anredeform des sensenschwingenden Unbekannten und darf im fürchterlichen Begegnungsfall mit „Wer auch immer Du bist!“ übersetzt werden. Als Urheber des Begriffs kommen humanistisch geschulte Altwiener in Frage, Lateinstudenten und Cicero-Hermeneutiker, Juristen und Mediziner.

Wem der Quiqui allzu lateinisch daherkommt, darf auf andere urwienerische Ausdrücke für den Tod zurückgreifen: Da Buttnhamme, da Goaraus, da Gankal, Ginkal, Gfotta, da gscheade Hansl, und schließlich, sehr blumig: In Anasiebzga sei Bstölla (der Besteller des 71er), fährt doch die so bezifferte Straßenbahnlinie zum Zentralfriedhof hinaus.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

2 Gedanken zu „Wer auch immer der Quiqui ist“

  1. Von „quisquis“ ist nur der Nominativ Singular und der Ablativ gebräuchlich. „quiqui“ wäre überdies bestenfalls der Vokativ Plural Mask., „quisquis“ hingegen der Vokativ Singular Mask. und Fem. Eine sinnvolle Verwendung eines solchen Vokativs lässt sich schwer vorstellen, man müsste das Pronomen schon als Eigennamen behandeln.
    In „quisquis es …“ („Wer immer du bist …“) liegt auch kein Vokativ vor, „quisquis“ wird hier im Nominativ als verallgemeinerndes Relativpronomen gebraucht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert