2019

Die gute alte Zeit. Noch haben wir uns nicht darauf geeinigt, wann das war. War es zu Kaisers Zeiten, im vordemokratischen Äon? Und wenn ja, im Biedermeier, in der Gründerzeit, oder im Fin de Siècle? Ist mit der guten alten Zeit gar der Ständestaat gemeint oder sein teuflischer Vetter, das Zwölfjährige Reich? Meinen die Gutezeitherbeiwünscher mit dem Goldenen Zeitalter Bruno Kreiskys Alleinregierung?

So lange wir uns über die Vergangenheit nicht einigen, bleibt auch die Zukunft diffus. Soll sie die Reichen und Erfolgreichen noch reicher machen und noch erfolgreicher? Oder dürfen die Ärmeren und Erfolgärmeren auch an der Gesellschaft teilhaben? Wo verläuft die Grenze zwischen arm und reich? Und wo die Kennmarke des Erfolgs? Gilt der Versuch schon als löblich oder nur das geglückte Leisten? Und sind diese Möglichkeiten an hiesige Vorfahrenschaft gebunden? Was zählen Bildung und Ausbildung angesichts anderer promenierender Meriten? Jugend etwa, Chuzpe, Pragmatik?

Und wie werden wir einst unsere Zeit bewerten? Werden wir sie einmal zurücksehenen? Wird sie eine gute alte Zeit sein oder ein dunkles Zeitalter? Und falls wir uns nicht einigen, für wen was?

All diese Fragen gilt es zu stellen, wenn wir das gestalten, was noch nicht passiert ist: Die Gegenwart (von manchen irrigerweise als Zukunft angesprochen). Und da wir vom Nochnichtgeschehenen sprechen: Wer verantwortet es, wir alle, nur manche, oder der Zufall? Und falls der nicht zuständig sein sollte: Tragen wir nicht alle Verantwortung, auch die Verantwortungslosen? Wichtige Fragen. Auch 2019.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 5.1.2019.

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