Der Meinungsstreit in der Causa Drasenhofen erbrachte die Erkenntnis, dass Stacheldraht seine guten Seiten hat. Gute Seiten für alle. Entgegen irregeleiteter Ansichten aus Gutmenschenkreisen beschützt ein stacheldrahtbewehrter Zaun nicht die Ausgeschlossenen vor den Eingeschlossenen, sondern umgekehrt die Eingeschlossenen vor den Ausgeschlossenen.
Diese Interpretation der Bedrohungsrichtung war schon in Vergessenheit geraten – der Fall der Mauer, in der DDR schlicht „Antifaschistischer Schutzwall“ genannt, liegt schon lange zurück. Erinnern wir uns: Die murale Fortifikation der Deutschen Demokratischen Republik galt dem Schutz der Bevölkerung vor den Zerrüttungsvorhaben des Westens, nicht der Zernierung der realsozialistisch Eingesperrten.
Wem das alles zu entrückt erschien, wurde beschieden: Einen Wachdienst und einen Zaun, das alles gäbe es auch anderswo. In Traiskrichen. Und ja auch: Beim Bundesheer. So eine Kaserne sei kein Ponyhof. Auch im Internat gäbe es geregeltes Eingesperrtsein. Daran sei nicht Schlechtes. Und schließlich: Am Land habe fast jede Liegenschaft einen Zaun. Im Zaun, so die wertvolle Zusatzinformation, sei ein Tor, wo man hinaus- und hineingehen könne. Im Waldviertel, ergänzte der zuständige Landesrat, ginge man ausschließlich durch Türen. Bei einer Tür rein oder bei einer Tür raus. Ohne dass ihm das in der ganzen Tragweite bewusst war, setzte der Landesrat zur Lösung des Dilemmas an: Die Bevölkerung brauche keinen Zaun.
Den darin Ausgesperrten wird er auch nicht fehlen.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 15.12.2018.