Das österreichische Gebiss

Es gibt nichts zu Lachen. Österreich ist eine ernste Angelegenheit. Bei Bedarf geht Österreich in den Keller lachen. Die Fröhlichkeit in den Hütten und Zelten ist der trügerischen Enthemmung durch Bier und Schnaps geschuldet. Das Grinsen ist der Schmuck der Dummen, wussten noch unsere Großeltern.

Bundespräsident Rudolf Kirchschläger, der das Trockenlegen der Sümpfe und sauren Wiesen einmahnte (und damit der Zeit auf den Zahn fühlte), sprach überhaupt nur mit zusammengebissenem Kauapparat. Kurt Waldheim, sein Nachfolger in der Hofburg, hatte vergessen, warum er nichts zu Lachen hatte. Eine Campaign hatte ihm das Gebiss verschlossen. Einzig das Pferd grinste. In bester Erinnerung blieb auch die schweigende Grabesmiene, mit der der Straßenbahnersohn aus Erdberg, Thomas Klestil die Angelobung der Doktoren Schüssel und Haider hinter sich brachte. Dabei konnte Klestil lachen wie ein Nussknacker. Dann macht er seinem Namen Klestil – auf Tschechisch heißt das „er hat gezwickt“ – alle Ehre. Sein moralisches Gegenüber, der König von Kärnten, Jörg Haider, in Goisern mit krummem Gebiss aufgewachsen, ließ sich die Zähne richten. Diese Verschönerung verleitete zu vermehrtem Lächeln, eine Tugend die sich in schwindender Popularität niederschlug.

Das amtierende Staatsoberhaupt, der Kaunertaler Grantscherm Alexander van der Bellen zeigt kaum Zahn. Anders Jüngere. Bislang ist ungeklärt, was sich Bundeskanzler Sebastian Kurz davon verpricht, politische Erfolge mit einer Dentaloffensive zu quittieren. Gibt es etwa doch etwas zu Lachen?

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 10.11.2018.

Ein Gedanke zu „Das österreichische Gebiss“

  1. …bin begeistert. Möchte das “ Öst. Gebiss “ mit Text natürlich meinem Zahnarzt-Freund zu Weihnachten schenken.
    Ist das möglich ? Über SN, oder wie auch immer.
    Danke m. mfg.
    Alexander Moser

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