Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 44/2018 zum 31.10.2018.
Werte Frau Andrea,
in meiner fernen Jugend gab es die Unsitte des Boxens mit dem Knie in den Oberschenkel des Opfers. Diesen Kniestoß nannte man Eisenbahner. Nun bin ich zwar Spross einer Eisenbahnergemeinde (diesmal meine ich nicht das Knieboxen sondern das Ding mit Schienen und Bahnhöfen), aber die Herkunft der Bezeichnung „Eisenbahner“ bleibt mir dennoch ein Rätsel, und ich bitte Sie inständig, dieses zu lösen.
Mit besten Grüßen,
Norbert Mottas aus St. Valentin, per Email
Lieber Norbert,
das Rammen des Knies in den seitlichen Oberschenkel des kickerischen Gegenübers führt zu schmerzhaften Prellungen und expressiven Hämatomen. Als Akutversorgung empfehlen die Experten, nach Schema PECH vorzugehen: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Die Anglosachsen sehen die Sache buddhistischer und kennen die Maßnahmen als RICE: rest, ice, compression, elevation.
Vorgang und Verletzung sind in der Regel gleichlautend bezeichnet und bilden den sprachlichen Reichtum der Beteiligten ab. So ist der Eisenbahner auch als Schenkerl, Boandl, Koitschdölla (Kaltsteller) oder Tschekapuff bekannt, letzter hat seinen lautmalerischen Namen vom englischen check (dem unsportlichen Körperstoß) und dem frühneuhochdeutschen buf, puff (dem dumpfen Geräusch). Vorfußballerische Zeiten kannten das Verletzungsbild aus der Begegnung mit Huftieren, was sich in Bezeichnungen wie Pferdekuss, Rossbiss, Rosskick, Hirsch oder Schweinebiss sedimentierte.
Im bundesdeutschen Sprachraum zirkuliert für unseren Kniestoß auch der Begriff „Eisbein“. Die lautliche Ähnlichkeit mit dem „Eisenbahner“ dürfte kein Zufall sein. Möglicherweise hat die fußballerische Begegenung mit Reichsdeutschen aus dem Eisbein das wienerische Eisbaa gemacht und daraus dann den Eisenbahner. Lokale Privatforscher mobilisieren auch einen sprachlichen Einfluß durch den Simmeringer Eisenbahn-Betriebstätten-Verein „SC Ostbahn XI“ vulgo „die Eisenbahner“, der 1945/46 immerhin in der höchsten österreichischen Liga spielte und dessen Bezirks-Stil von Helmut Qualtinger in einem Travnicek-Bonmot verewigt wurde: „Simmering-Kapfenberg, das nenne ich Brudalidäd.“
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina