Sommer einst – Sommer jetzt

Der Sommer einst war das Glück. War das Blau des Postkartenhimmels, die Kühle des Sees, das Muster im Badeanzug. Das Freischwimmerabzeichen an der Badehose des großen Bruders. Die Schlösser aus Wolken. Der Geruch des Schattens hinter den Badekabinen. Die neue Eskimo-Preistafel. Das Zerbrechen eines Twinni-Eises. Das Lesen im Sommerbuch. Die Radiodurchsage mit den Wartezeiten an der Grenze. Das Sommergewitter. Das Zählen nach dem Blitz. Die Kühle des Morgentaus. Das Stechen des frischgeschnittenen Grases in den Fußsohlen. Das Taschentuch am Ameisenhaufen. Das Himbeersaftglas und die Biene dazu. Vaters Bier und sein glückliches Gesicht. Der Geruch von Heu. Saure Milch mit Zucker. Das vertraute Knattern des Sportflugzeugs irgendwo oben am Himmel über dem Land. Die Feuerwehrübung. Hollunderblüten in den Teig tauchen. Libellen bewundern und Bremsen erschlagen. Das Flirren der Luft über dem See. Vom Dreimeterbrett springen. Kopfsprünge üben. Den Kopf aus dem offenen Zugfenster strecken. Das erste mal das Meer sehen. Einsiedlerkrebsen beim Krabbeln zuschauen. Murmeln. Bud Spencer und Terence Hill. Eine italienische Illustrierte durchblättern und nur die Bilder verstehen. Briefmarken auf Postkarten kleben. Sonnenöl (und immer auch Sand) auf dem Sonnenbrand verteilen. Den Sommerhit hören und den Cocobellomann. Spaghetti drehen lernen. Und Tintenfischringe zerbeißen. Die Tage zählen, die der Sommer noch dauert. Vergessen, was war, vergessen, was sein wird.

Der Sommer jetzt ist Hitze. Und Hetze.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 4.8.2018.

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