Eine Frage zu vielen Dank

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 31/2018 zum 1.8.2018.

Liebe Frau Andrea,
eine besonders aufmerksame Studentin fragte mich in einem meiner Deutsch-als-Fremdsprache-Kurse, warum man „Vielen Dank!“ sage. Seither zermartere ich mir den Kopf darüber, aus welchem Grunde hier die Akkusativendung verwendet wird. Schließlich wünscht man sich ja auch nicht vielen Spaß oder hat vielen Ärger. Vielleicht erhalte ich auf diesem Wege nun endlich die Antwort, die mir bisher niemand zu geben vermochte.
Danke! Mit besten Grüßen aus Salzburg,
Petra Jancik, per Email

Liebe Petra,

nicht immer hält sich die Sprache an die Vorschriften. Zumindest nicht an die, die wir als angebracht erachten. Sehen wir uns die Sache genauer an. Am Dank haben wir nicht viel auszusetzen, abgesehen von der Irritation durch die Floskel „Danke“, die so aussieht als wäre sie des Dankes Plural, tatsächlich aber lediglich die Verkürzung der Verbalform „ich danke“ ist.

Mehr Verwirrung geht vom Wörtchen „vielen“ aus. Welcher Wortart „viel“ zugeschrieben werden kann, ist erstaunlicherweise weitgehend unsicher. Wie „manch“ und „wenig“ oszilliert es in einer Pluralität aus Adjektiv, Partikel, Artikelwort, Pronomen und Numerale Indefinitum. Seine Flexion entspricht in der Regel dem adjektivischen Muster, wenn wir etwa von: „vielen seltsamen Ausnahmen“ sprechen oder „viele schöne Formulierungen“ preisen. Unsere Redewendung ist indes adjektivisch gebraucht und thematisiert „viel Dank“, den wir empfinden und als Zeichen des damit verbundenen Gefühls auch bekanntgeben.

Woher aber kommt nun die, von fremdsprachlich neu Befassten als falsch erkannte Gratial-Wendung „vielen Dank“? Mit allergrößter Wahrscheinklichkeit sehen wir hier die Verknappung einer längeren Korrespondenz-Formel, etwa „haben Sie vielen herzlichen Dank“, oder „Vielen herzlichen Dank entbietet…“

Mit der Rezession des Wortes „herzlich“ im Zuge neoliberaler Verknappungstendenzen blieb nur mehr das quantifierende „vielen“. Auch dieses gehört bald der Grußgeschichte an, es wird vielfach schon durch das ultraknappe „Dank“ ersetzt. Haben Sie und Ihre Studentin also vielen herzlichen Dank für die Frage! Ich bin sicher, ihre Erörterung lag Vielen am Herzen.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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