Traum und Wirklichkeit

Sprechen wir über Österreich. Das ist nicht schwer, denn wir sprechen immer über Österreich. Es ist nahezu unmöglich, nicht über Österreich zu sprechen. Es ist die Österreich-Krankheit, über Österreich zu sprechen. Worüber wir auch sprechen, über Mikrokosmos, Makrokosmos oder die Welt an sich, immer sprechen wir über Österreich. Wir sprechen so sehr über Österreich, dass wir sogar dann über Österreich sprechen, wenn wir nicht über Österreich sprechen. Egal was wir hören, lesen, sehen – wir hören, lesen, sehen: Österreich. AEIOU, Österreich ist überall. Es gibt kein Entkommen.

Österreich ist zudem, auch dies wurde so oft wie eingehend befundet, der Zwischenraum zwischen Traum und Wirklichkeit. Wenn wir also über einen Traum, ein Vorhaben, eine Vision sprechen, wie auch immer sie aussehen mag, wem auch immer sie dienen oder schaden will, wer auch immer Nutzen oder Qual aus ihr ziehen soll, stets bleibt dieser Traum im Zwischenreich stecken, ein paar Millimeter von der Wirklichkeit entfernt. Diesem Dillemma zu entkommen, hieße Österreich zu entkommen und das ist aus den eben geschilderten Gründen und Abgründen nicht möglich. Jeder Versuch der Entösterreicherung führt zu noch mehr Österreicherei.

Traum und Wirklichkeit sind mit einander verknüpft, wie die Beine gummihüpfender Kinder mit dem ausleiernden Gummi, der sie verbindet, und ihnen über das Spiel das Phantasma der Freiheit vorgaukelt. Träume sind in Österreich stets überschießend, Wirklichkeiten stets unverrückbar. Im Rahmen dieser Zustände richtet sich der Zukunftblick stets in die Vergangenheit.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 28.7.2018.

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