Schloss Neuropa

Ein beliebtes Bild, mit dem wird unser Bedürfnis nach Sicherheit verbinden, ist das des Schlosses. In der einen Wortbedeutung bezeichnen wir damit das palastartige Haus, die fürstliche Behausung. Gleichzeitig verstehen wir unter Schloss aber auch eine Sperrvorrichtung, die eine Tür, ein Tor, ein Behältnis „verschließt“.

In der semantischen Doppelbedeutung des Wortes liegt seine Qualität als positive Metapher. Anders als der Bunker, das Verließ oder die Sperre verbinden wir kaum Negatives mit Schloss und Schloss. Das eine ist groß und prächtig, mit Schätzen und Kultur gefüllt, das andere sicher und nur dem Schlüsselbesitzer untertan. Das Schloss ist ideal und real zugleich. Pakte und Abkommen werden geschlossen. Und neuerdings auch die Route.

Von der Schönheit der Metaphern geblendet wird gemeinhin übersehen, das Schlösser (die Abschließvorrichtungen) in der Regel symbolischen Charakter besitzen, wie wir spätestens dann feststellen, wenn wir nach Rufen des Schlüsseldienstes die Kürze der Dauer kennenlernen, die auch raffinierteste Schlösser der Hand des Expertens widerstehen.

Besitzer von Schlössern (den Palastgebäuden) klagen über die Unsummen, die zu ihrer Unterhaltung und allfälligen Reparatur aufgewendet werden müssen. Ausser frischgebackenen Oligarchen, James-Bond-Bösewichten und Aristokratenfamilien (die darin jahrundertelange Übung haben), hat kaum jemand Interesse am Privat-Betrieb eines Schlosses.

Ein Schloss profitiert in der Regel von geöffeneten Türen und möglichst vielen Besuchern.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14.7.2018.

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