Knödel und die Fuhre Stroh

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 27/2018 zum 4.7.2018.

Liebe Dottoressa,
beim Hineinzappen in eine Volksmusiksendung habe ich ein Musikstück gehört, das einen Ohrwurm erzeugt hat, der einige Tage angedauert hat. Die Frau an meiner Seite (sie hat die Passage nicht gesehen) konnte nach Vorsummen nur abrufen, dass es sich um ein Lied über Knödel handle. Was hat diesen Ohrwurm ausgelöst?
Mit kollegialen Grüße,Dr. Hubert Fischerndörfler, per Twitter-Nachricht

Lieber Dottore,

wir stehen vor einer der schwersten Aufgaben, die sich der Hermeneutik stellt. Eine Wahrnehmung, zu der uns beiden die Details fehlen, mir noch dazu die akustische Erinnerung. Mit glückender Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei Ihrem Hörfund um die Polka „Kannst du Knödel kochen“, die der deutsch-böhmische Musiker, Komponist, Arrangeur und Dirigent Ernst Mosch (1925-1999) Gründer und musikalischer Leiter der „Original Egerländer Musikanten“ aus fremder Quelle entnommen hat und geschmackvoll für populärmusikalische Zwecke arrangiert hat. Von seinen Fans liebevoll „König der Blasmusik“ genannt, hat er die Polka in unseren Breiten nachhaltig bekannt gemacht. Mosch ist zwar nicht der erste Egerländer, dessen Musik in der Welt berühmt wurde, unbestritten gilt er aber als der Erfolgreichste auf diesem Feld. Seine Bekanntheit überdeckt das tschechische Original.

Das hat der tschechische Militärmusiker, Zirkuskapellmeister und Jazzer Karel Vacek (1902-1982) komponiert. Moschs Coverversion, gerne in Volksmusik-Shows zum Besten gegeben, fragt gegen jede Würdigung des Originals: „Kannst du Knödel kochen?/ frag ich mich seit Wochen/ So wie einst die Mutter/ hat gekocht mit Butter/ Schön locker zart und fein/ und bitte nicht zu klein/ Jajaja dann sollst du fürs Leben/meine Knödelköchin sein.“

In Karel Vaceks tschechischer Original-Polka „Fůra slámy“ (Fuhre Stroh) geht’s gar nicht um Knödel, sondern um böhmischen Liebesschmerz: „(…) wir haben wenig Hoffnung/ wir wissen schon/ dass wir uns verabschieden/ wie es das Schicksal wünscht/ Eine Fuhre Stroh/ist das Ende zwischen uns/ wir haben Pech in der Liebe/ wir werden nicht glücklich sein/ Erwartet uns/ es gibt keine Hilfe/ Jedes Mädel ist gleich/ vor der Hütte wo man drischt.

comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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