Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 24/2018 zum 13.6.2018.
Liebe Frau Andrea,
immer häufiger stelle ich fest, dass Teilnehmer in den Sozialen Medien (vor allem auf Facebook) „das Kommentar“ zu einem Diskursbeitrag sagen, „der Post“ oder „das Post“. Was geht hier sprachlich vor?
Herzlichen Grüße,
Sabine Gößler, Neubau, per Email
Liebe Sabine,
das grammatikalische Geschlecht vom Fremdwörtern folgt in der Regel dem der Sprache, aus der das Wort entlehnt wurde. Bei Kommentar und Post ging das über viele Stufen. Die Post, der Posten, an dem die Pferde gewechselt wurden, kommt vom lateinischen „postita“ (festgelegt, fix). Das grammatikalische Geschlecht folgt der italienischen „posta“.
Das Posting (das gebräuchliche Synonym für den Kommentar in sozialen Medien) kommt allerdings nicht von der Post, sondern vom englischen „post“ (Pfosten). Das Posting ist die Nachricht, die an einem solchen, meist hölzernen Pfosten, Strommasten, Laternenpfahl angebracht ist. Im Deutschen hat diese „Kundmachung“ vor der digitalen Revolution zum Wort „Poster“ geführt. Damit war im anglosächsischen Raum ein Plakat gemeint, das an einen Pfosten angeschlagen war. Luthers Thesen waren technisch gesehen solch ein Poster, Posting. Wer „das Post“ schreibt, meint also „das Posting“.
Der „Kommentar“ ist ebenfalls aus dem Lateinischen entlehnt, und zwar aus „commentārī“, einem Frequentativum zu „commenīscī“ (sich auf etwas besinnen, ersinnen). Sein zweiter Wortbestandteil ist mit „mens“ (Sinn) verwandt. Die beste wörtliche Übersetzung von Kommentar wäre: „Zu(sammen)meinerei“. Die französische Entsprechung „le comment“ ist maskulin. Deutsch schreibende Gelehrte habe „dem Kommentar“ also dieses grammatikalische Geschlcecht zugewiesen.
Wir fassen zusammen: Eine Zusatzbemerkung zu einer Festellung oder Bekanntgabe heißt sprachlich korrekt „Kommentar“, (der Kommentar, m.), jener Text, der diesen Kommentar ausgelöst hat, Posting“, (das Posting, n.).
Sprachlich herausgeforderten Teilnehmern am öffentlichen Diskurs sind diese Zusammenhänge nicht immer präsent. Sehen wir gütig über diese Schwächen hinweg. Und vergessen wir auch in sprachpolizeilichen Akutfällen nie: Don’t feed the troll!
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina