Vom Nasern in den Dingen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 15/2018 zum 11.4.2018.

Liebe Frau Andrea,
unlängst habe ich bei meiner, auf der Suche nach ihrer Lesehilfe die Wohnung auf den Kopf stellenden Ehefrau, einen mittleren Lachanfall ausgelöst, als ich sie fragte: „Wos kromosterst denn da umadum?“. Meine Mutter sagte das früher immer zu mir, wenn ich in meinem Zimmer umgeräumt oder/und etwas intensiv gesucht habe, aber leider kann ich sie nicht mehr fragen, denn sie weilt nicht mehr unter uns. Können Sie uns etymologische Hilfe geben?
Liebe Grüße aus Thalheim bei Wels,
Horst Pacher

PS: Das Internet konnte mir leider auch nicht weiterhelfen, denn es kennt nur das ungarische Wort „kromost“, was übersetzt „Sträucher“ heißt. Könnte aber eventuell ein Hinweis sein, da mein Vater aus Siebenbürgen stammte und ausgezeichnet Ungarisch sprach. Meine Mutter stammte aus dem heutigen Tschechien.

Lieber Horst,

im Versuch, die Sprache unserer Eltern zu erinnern, tauchen wir in Vergangenes, Verlorenes. Gesprochenes war und ist individuell gefärbt, von lokaler und persönlicher Geschichte geformt. Versuchen wir, mögliche Verwandtschaften Ihres Ausdrucks aufzuspüren. Das mir zugängliche Ungarisch und Tschechisch kommt als Herkunft für Ihr „Kromostern“ weniger in Betracht als das Wienerische und seine, die Monarchie umfassenden Einflüsse. Das gängige deutsche Wort, dass der von Ihnen beschriebenen Tätigkeit, dem Herumsuchen in Dingen am nächsten kommt, ist „kramen“, herumkramen. Nach meiner bescheidenen Einschätzung und Konsultation des Standardwerkes in diesen und ähnlichen Fragen, des Wörterbuchs der Wiener Mundart von Maria Hornung und Sigmar Grüner, stellen sich ein paar Lexeme zu ihrem Fund. Sie liefern allesamt brauchbare Erklärungen. So kennt das Wienerische den Ausdruck Gråmanosda, Råmanosda, wie ja auch gråma (kramen) und råma (räumen) synonym sind. Der Gråmanosda ist der Schmutzfink, die unsaubere Person, eine Weiterbildung zum mittelhochdeutschen râm (Schmutz). Die Ramasúari oder Remasúari ist die aufregende, störende Angelegenheit, das Durcheinander, sie kommt vom italienischen ramassare, aufhäufen, vielleicht mit rumänischer Endung. Und schließlich ist der Nosara der neugierige Mensch, von Nosn, der Nase.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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