Im Land der Söhne (töchterreich) gilt die bewährte Erkenntnis: Zukunft ist nichts, Herkunft alles. Mit der richtigen Herkunft läst sich in Schnitzelland komfortabel auf den Wellen des Lebens surfen. Bewohner alpiner Landstriche bilden diese (für ein Binnenland unglückliche) Metapher nach, in dem sie auf den Wellen gefrorenen Wassers reiten. Der Schneesport leistet dabei Prothetisches, in dem er Möglichkeiten durch Fertigkeiten ersetzt und Vermögen durch Können. Dabei wird gemeinhin vergessen, dass es beim Befahren der Hänge stets bergab geht.
Wer keinen Wald geerbt hat, kein Bankhaus und kein politisches Großamt kann zu Ruhm und Einfluß kommen als Fernsehsprecher. Das sichere Vortragen fremder (und eigener) Texte hat zahlreiche Karrieren befördert. Helmut Zilk wäre hier zu nennen. Sein Habitus hat in beide Richtungen gewirkt. Fernsehsprecher wurden zunehmend politisiert, Politiker nachhaltig fernsehversprechert.
Rhetorisch und politisch Unbegabtere (sie stellen die Mehrzahl) müssen ihrer Körper Kraft vertrauen, um dem Jammertal der Bedeutungslosigkeit zu entkommen. Der alpine Schilauf ist für Jugendliche aus unbetuchtem Haus die einzige veritable Chance auf so etwas wie eine Chance. Wedelkunst und Abfahrtsausbildung ist längst gymnasial. Tourismus und Liftindustrie nehmen damit Teil an der akademischen Welt. Wenn auch nur tangential.
Kommen wir zu den Genen. Was macht den Österreicher aus, was die Österreicher, wer nimmt Teil an dem, was Heimat genannt wird und Kultur? Wer darf aufs Stockerl, wer ins Fernsehstudio? Ist Mohammed schon ein österreichischer Vorname? Sind Südtiroler Österreicher? Und wenn es Südtiroler sind (die Frage ist komplizerter, als es scheint), wieso nicht auch Triestiner, Laibacher, Brünner und Lemberger? Diese Fragen werden momentan von Leuten bearbeitet, die aus der akademischen Laufbahn ausgeschieden sind. Zahntechniker ohne Zahntechnik, Philosophen ohne Philosophie, Reifegeprüfte ohne Prüfungsreife. Wir lernen. Es gibt ein Leben jenseits der Alpinbegabung.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20.1.2018.