Was Österreich im Innersten zusammenhält

Was hält uns zusammen? Was eint uns? Die Frage kann kaum beantwortet werden, ohne die davor, die da lautet: Wer sind wir? Wer sind wir überhaupt? Welches „wir“ erzeugt dieses „uns“? Im Rückblick auf geschichtliche Konstituenten schmilzt das Österreichertum zur bescheidenen Existenz als Untertan in der Botanisiertrommel der Habsburger zusammen. Schon die Salzburger und die Innviertler sehen das ein bisschen anders. Das Geschichtsbewusstsein habsburgisch-österreichischer Prägung haben sie erst relativ spät erlernt. Die einen waren vor der Österreicherwerdung erzbischöflich souverän, die anderen schlicht bayerisch.

Man muss nicht nach Triest fahren, nach Brünn oder Lemberg, um der bittersüßen Erkenntnis Raum zu geben: Das Deutschsprechen ist keine stabile Funktion der Österreicherei. Schon eine Fahrt nach Schopernau, nach Stinatz oder Sele-Fara kann uns lehren, auch Alemannen, Kroaten und Slowenen können Österreicher sein, ganz ohne Migrationshintergrund. Dies sollten alle bedenken, die am Heimatbegriff schrauben. Es ist nicht so einfach mit der Identität. Das wissen die Architekten der Macht, ihre Bauarbeiter ahnen es. Und den Nation-Building-Techniker unter den Alliierten war bewusst: Österreich braucht eine Identität jenseits aller Herumdeutschlerei.

Die fand man dem Land im alpinen Schilauf. Hier vermählen sich Sehnsüchte mit Gewissheiten. Der Wintersport auf Wettkampfniveau ist Österreichs einzige nationale Großleistung. Erfunden von englischen Snobs in der Schweiz, ausgeführt auf schwedisch-norwegischen Scheiten (so die wörtliche Übersetzung des skandinavischen „ski“). Im Rahmen der monarchischen Selbtsverzwergung des Landes leiden Siegläufer des Schneesports im Gewinnfalle den Heroenstatus. Der Skiheld und die Skiheldin aber sind nur Blüten vom Stamm der Macht. Die halten andere in fester Hand. Trainer, Serviceleute und der König von allen. Der Präsident des Österreichischen Skiverbands. Wer hält uns zusammen? Wer eint uns? Professor Peter Schröcksnadel.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16.12.2017.

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