Grado und sein schönes Schiff

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 50/2017 zum 13.12.2017.

Liebe Frau Andrea,
als Kind habe ich viele Sommer in Grado verbracht. Da gab es einen wunderschönen riesigen Dampfer namens Arabella. Letzes Jahr war ich erstmals wieder in Grado. Das Schiff suchte ich vergeblich. Was ist aus der Arabella geworden?
Liebe Grüße,
Ronald Stubler, Graz, per Email

Lieber Ronald,
viele Gradourlauber der 60er und 70er haben lebendige Erinnerungen an das blauweiß gestrichene Passagierschiff. Es trug den Namen Ambriabella (schöner Bernstein) und wurde mit seinem identischen Schwesternschiff Dionea anfang der Sechzigerjahre in der Felszegi-Werft im Triestiner Muggia auf Kiel gelegt. Der schnittige Pott unternahm seine Jungfernfahrt am 1. Juli 1962. Die Linie führte vom Pescheria-Pier in Triest in den alten Hafen des Adria-Seebads Grado. Spektakulär war dabei jeweils das Wendemanöver im engen Hafenbecken des Gradeser Porto Mandracchio und die Passage durch den engen Canale del Porto. Die Ambriabella hatte eine Länge von knapp 52 Metern, eine Breite von siebeneinhalb und wurde von zwei Fiat-SGM-Schiffsdieseln mit zusammen 1300 PS angetrieben. Das reichte für eine komfortable Geschwindigkeit von 15 Knoten (knapp 28 km/h). 314 Passagiere konnte die Fähre aufnehmen und über die friedlichen Sommerwellen der nordöstliche Adria schippern. Die befahrenen Routen der goldenen Tage des Wirtschaftswunder-Tourismus führten von Triest nach Grado, Muggia, Istrien, Cres und Lošinj. Viele Jahre lang galten die Ambriabella und ihre Schwester als die zwei „Perlen“ der Schifffahrt in der oberen Adria. 1976 wurde die Ambriabella im Zuge sinkender touristischer Nachfrage und erhöhter Wartungskosten an einen griechischen Reeder verkauft. Das elegante Schiff verschwand für Jahrzehnte vom Radar von Touristikern, Urlaubern und Ship-Spottern und galt als verschollen. Es tat indes unter dem Namen “Ios“ Dienst zwischen den griechischen Inseln, um schließlich in der Nähe von Piräus der Abwrackung entgegenzurosten. Neun Jahre lang suchten italienische Entrepreneure nach dem Schiff, um es zu restaurieren und ähnlich der Schwester Dionea als mietbare Super-Yacht wiederzubeleben. Ambriabella-Nostaliker können schon zu sparen beginnen.
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert