Ho ho ho

Sein Markenzeichen war die Authentizität, das Echtsein, das Unverwechselbarsein. Der Mann war so sehr „er“, wie keiner vor ihm. Kommentaristen und Beobachter überschlugen sich im Lob über die Unverkennbarkeit des Jahrhunderttalents. Da war einer in die Politik gekommen, der aussah, als wäre er gerade die Streif heruntergeschossen. Ein drahtiger Faun, nicht schön, aber gesund, in einem alpinen (dem gültigen österreichischen Sinn): Überschön. Im Bild des Einzigartigen verschmolzen Held und Heiliger.

Jörg Haider war Politik und Präsenz in einem. Er strahlte wie kein anderer. Minutiös kontrollierte er seine Erscheinung, reiste mit Stylingteam und Garderobefundus, stählte Körper und Gesicht, wurde Marke und Maske in einem. Die Korrektur seiner schief gewachsenen Zähne geriet zum Parteigeheimnis. Wie auch anderes in seinem Leben, das geeignet war, Scharten in das Ansehen des Heros zu schlagen. Bild und Abgebildeter, so das Gesetz des Öffentlichen, müssen einander gleichen, Abweichungen geraten zur krisenhaften Sondersituation. Minutiös kontrollieren also die Politiker des Landes das Image, das Abbild. Den Fall der Anzugfalten, den Sitz der Tolle, die Farbe des Haars.

Welch Zeichen von Abkehr und Emigration war es, als Sonnenkönig Bruno Kreisky der weiße Bart wuchs! Was wurde seither nicht alles gelesen in Augenringen und Nasentröpfchen, Brillenmodellen und Krawattenfarben!

Kurz gesagt, Österreich hat ein Faible fürs Äußerliche. Einen Hang zum Kostüm. Es muss also wundern, dass das Land der Tarnungen und Täuschungen just das öffentliche Verkleiden kriminalisiert. Darf doch die Verschalung des Gesichts nur mehr in Ausnahmefällen vorgenommen werden. Am Schneehang, im Fasching, im Theater. Wankelmütige fliehen ins Aufbegehren, lassen sich Bärte stehen, solange das noch geht (und bei wem das überhaupt geht). Das Gesicht der Stunde ist das des ewigen Kindes. Glattrasiert, krawattenlos, das Haupthaar aus der Stirn gekämmt, die Ohren frei. Maskenlos, makellos.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 9.12.2017.

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