Was im Schnee drin ist

Was ist drin im Schnee, was liegt auf der Wiese? Was trocknet im Heu, was weidet die Kuh? Was schwimmt in der Milch, was käst im Laib? Was belegt das Brot, was würzt das Omlett? Wir wissen es nicht, wir ahnen es. Aber die Ahnung lässt uns kalt. Unser Feuer lodert nicht für das Innere, es züngelt am Äußeren. Manche meinen: am Äußersten.

Im Dilemma zwischen Innen und Außen präsentiert sich Österreich als ordentliches Land. Das Land ist so proper, so sauber, so aufgeräumt, dass Touristen ohne Vorkenntnisse der Verhältnisse vermeinen, ein groß angelegtes Disneyland zu besuchen. Das hören die Landeseltern gerne. Die Worte „groß“ und „angelegt“ sind ihnen vertraut. Die Bevölkerung wiederum kleidet der Disney-Vergleich. Ihre Befindlichkeit oszilliert zwischen der vorlauten Besserwisserei der Mickymaus und der einfältigen Paranoia von Donald Duck (der sich insgeheim für den besseren Dagobert hält). Tatsächlich sind die Österreicher Kasperl, Pezi und das Krokodil in Dreifaltigkeit – im Außendienst der Bussibär. Und obgleich die gemeinen Österreicher die Kunst verachten, haben sie doch ein Faible für die Künstlichkeit. Ja, besser noch: Wegen ihrer Expertise in der Erzeugung des Künstlichen lehnen die Österreicher die Kunst ab. Andreas Gabalier und Nina Proll zählen sie zur Wissenschaft, Dr. Ötzi und Alf Poier zur Philosophie.

Im Durchzug macht den Österreichern niemand etwas vor, schon gar nicht der Ausländer! Kann der Asylant Schi fahren? Nein. Will er? Nein. Soll er? Keinesfalls. Wo kämen wir denn da hin? Apropos Hinkommen. Die gemeinen Österreicher bewegen sich auf ihren Transiten von Forst zu Furche, von Heim zu Hobel, von der Schaukel zur Schule, von der Schenke zum Schilift ausschließlich aber hochgeschwinde auf Derivaten ausländischen Erdöls. In ameisenhafter Geselligkeit, gefangen in der Illusion Heimat. Ist doch Österreich nur Trugbild. Eine Einbildung, ein Oberflächenphänomen. Das Fettauge in der Rindsuppe. Das Kruspel am Braten, der Zucker am Schmarrn.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 25.11.2017.

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