Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 45/2017 zum 8.11.2017.
Liebe Frau Andrea,
eine Freundin behauptet, der ÖVP-Europa-Abgeordnete Othmar Karas sei Mitgründer der Grünen gewesen. Ich kann mir das nicht vorstellen. Aber was weiß man. Bitte leuchten sie mit Ihrer Fackel!
Lieben Dank
Maja Mayr-Ventura, per Facebook-Nachricht
Liebe Maja,
die Theorie Ihrer Freundin dürfte sich aus Evidenzen nähren, die wir im folgenden kurz beleuchten wollen.
Für den 7. Mai 1984 hatte ein bunter Haufen Prominenter unter großem Medienaufruhr zu einer „Pressekonferenz der Tiere“ gerufen. Der medial zum Großereignis hochgebürstete Mummenschanz diente der Bewerbung des „Konrad-Lorenz-Volksbegehrens“. Grüne und Freunde grüner Gedanken betraten damit erstmals die Bretter der bundespolitischen Bühne:
Der grantelnde Wiener ÖVP-Stadtrat Jörg Mauthe, stets von einer Schwade Zigarettenrauch umnebelt, kam als Schwarzstorch verkleidet, der Chef der freiheitlichen Jugend und spätere Grüßaugust Hubert Gorbach war unvermummt, gab aber innerlich das Blaukehlchen. Peter Turrini, polternder Wirtsstubenintellektueller, betrat das Podium als Rotbauchunke, Freda Messner-Blau, Umweltaktivistin der SPÖ, gab den Laufkäfer, der konservativgrüne Ökologe Bernd Lötsch war als Purpurreiher verkleidet. Primus inter pares spielte der linke Publizist und Doppeldoktor Günther Nenning, der seine politische Verantwortung als sozialdemokratischer Kasperl in der Rolle des „roten Auhirschen“ wahrnahm. Othmar Karas erschien offiziell für die ÖVP-Jugend. Im Kormoran-Kostüm. Die schrille Veranstaltung hatte einen Zweck: Mit den Mitteln poetischer Gschaftlhuberei und politischer Aufmüpfigkeit den Volkszorn gegen ein geplantes Wasserkraftwerk in der Hainburger Au zu erigieren. Die Gegner waren eine schlecht gezimmerte Koalition aus Kraftwerksbossen, sozialistischen Gewerkschaftern und den Hardlinern im Innenministerium. Hinter allem thronte melancholisch und unbedankt bebürdet ein beleibter Historiker, den Sonnenkönig Bruno Kreisky zu seinem Nachfolger bestimmt hatte: Bundeskanzler Fred Sinowatz, der recht behalten sollte mit seinem legendären Satz: „Es ist alles sehr kompliziert.“ Kormoran Karas dürfte dem zustimmen.
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