Liebe Frau Andrea,
meine liebe Oma Olga pflegte häufig das Wort „Tschumbass“ in Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Taten zu gebrauchen. Die üblichen Internet-Augengläser liefern dazu nur einen Eintrag in Zusammenhang mit Udo Proksch. Darf ich um Hilfe für dieses lautmalerisch entzückende Wort bitten?
Herzlichst,
Thomas Kvicala, Mariahilf, per iPhone-Mail
Lieber Thomas,
begeben wir uns hinter Schwedische Gardinen. So bezeichnet(e) man die Gitterstäbe vor den Zellenfenstern der Gefängnisse. Sie waren und sind aus hartem Material geschmiedet – Stahl aus Schweden. Gesiebte Luft atmet man im Wienerischen, sobald man im Häfm oder in der Buttn gelandet ist, und dort auf (oder am) Schmoids (Schmalz) ist, also eingesperrt. Wo der Kas (Aufseher) mit dem am Bschdeck (Schlüsselbund) hängenden Klitsch (tschechisch für Schlüssel) den Hund (das Zellenschloss) vom Dschumpas (der Zelle) schließt.
Beliebte Hypothesen wollen das Wort Dschumpas oder Tschumpas (das Wienerische macht hier keinen Unterschied) als Lehnwort eines türkischen *čumbos auffassen, was soviel wie „vergittertes Haremsgemach“ heißen soll. Erhärten lässt sich das nicht. Etwas stabiler ist die Theorie, nach der das tschechische žumpa (Dschumpa, soviel wie: Sumpf, Grube, Kerker) während des 1. Weltkriegs soldatensprachlich zirkulierte. Es gilt indes seinerseits als Entlehnung – vom deutschen „Sumpf“.
Mit größerer Wahrscheinlichkeit kommt unser Dschumpas aus einer rotwelsch-jiddischen Wörterwolke, die aus dem deutschen Schmalz (Fett, Schmiere) und den jiddischen Begriffen Schmu (Betrügerei), Schmus (Gerede, Geschwätz), schummeln (betrügen), Schumm(en) (Fett) und Schmi(e)r (Wächter) kondensierte. Diese Wörter, so entfernt ihre Ursprünge auch sein mögen, haben zu einer Reihe von urwienerischen Unterwelt-Ausdrücken geführt. So zum Schmoids (Schmalz, der Gefängnisstrafe), zum Häfm (Häfen, dem Schmalztopf, soviel wie das Gefängnis) und zu Schmia (Schmier, dem Wächter, Aufpasser). Aus jiddisch Schummen (Fett), schummeln (betrügen) und Bais (Haus) dürfte sich das Schummen-Bais, der Schumbas oder Dschumpas zusammengeschliffen haben. Wenn das nicht auch wieder alles nur Schmus ist.
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