Bemsdl, Dombf und andere Räusche

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 27/2017 zum 5.7.2017.

Liebe Frau Andrea,
neulich beim Heurigen suchten wir vergebens nach der Wiener Entsprechung für „Rausch“. Bitte um Nachhilfe!
Beste Grüße,
Dorit Pfaller, Alsergrund, per Email

Liebe Dorit,

die Bezeichnungen der Intoxikationen mit Alkohol, wienerisch kurz „Äuk“ genannt, übertreffen an Differenzierungstiefe die der Nordländer für Schnee. Für das Betrunkensein kennen das Wienerische „in Bemsdl“ (den Pinsel), „es Binkl“ (das Bündel), „es Damen“ (das Taumeln), „es Deawe“ (das Derby, das harte Rennen), „in Düwe“ (den Dübel), „in Dombf“ (den Dampf) oder „in Dampas“ („Dampus“, den studentisch latinisierten Dampf), „in Duliö“, „die Fon“ (Fahne), und in kleinerer Ausprägung „es Fanl“ (das Fähnchen), sodann „in Fettsn“ (den Fetzen), „die Fettn“ (den Drall, vom „Effet“ beim Billard) und „in Gidsch“ (den Gitsch, den Anstoß beim Kugelspiel), „die Gluad“ (Glut), „die Gragsn“ (Kraxe, das Tragegestell), „es Häuwal“ (das Häubchen), „in Hieb“ (den Schlag), „in Newe“ (den Nebel), „in Nigl“ (den Verwandten von Bosnigl und Schweinigl), „in Off“ (den Affen) und seine Variante, den „Offnboidl“ (Affenleopold, in Anspielung an den Rausch, den man sich am Fest des Heiligen Leopold in Klosterneuburg holt). Tschecheranten und Drangler haben „an Schbids“ (Spitz), „an Schdich“ (Stich), „an Schwü“ (Schwüle), „an Schwas“ (Schweiß; eigentlich von Schweißen im Sinne von zuschweißen, daher auch das wienerische „zuagschwasd sei“). Rauschate (Berauschte) haben „a Schweigl“ (von Schwelgen), „an Schwibs“ (von schwippen, schwappen) und „an Schwaum“ (Schwamm, vom Rausch nach dem Genuss narrischer Schwammerl), sind „im Ö“ (im Öl), „augflaschld“ (angeflaschelt), „aughiasld“ (angestrichen), „autschechad“ (angetschechert, verwandt mit angeschickert), sind „betoniert“, „bschocha“ (von jiddisch schochar, trinken, sich berauschen), „blunznwaach“ (weich wie eine Blunzn, eine Blutwurst), „eidrangld“ (eingetränkt), „eigschbridsd“ (eingespritzt), haben sich „an eineghengd“ (einen reingehängt), sind „fett wiara Radierer“ (fett wie ein Radiergummi), sind „higmaad“ (hingemäht) und schließlich „zuagleschd“ (zugeklescht, vom jiddischen chaleschen, schwach, ohnmächtig werden). Prost!
comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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