Ganz früher war die Erntezeit. Da wurde jede Hand auf dem Feld gebraucht. Auch die der Kinder. Die Schulen sperrten zu, nolens volens gehorchten sie einer höheren Instanz als der Aufklärung – der normativen Kraft landwirtschaftlicher Notwendigkeiten. In diesem alten Mechanismus sehen wir die Ferienzeit begründet. Sie ist nur scheinbar eine Periode von Muße und Erholung. Tatsächlich sind die Ferien Zeiten harter Arbeit. Um das Ideal des sommerlichen Anpackens auch für Stadtkinder aus geringbegüterten Familien zu verwirklichen, ersann die Lehrerschaft (schon aus Interesse, den Nachhilfemarkt zu bedienen) die Nachprüfung. Ein perfides Instrument, den Sommer mit unbezahlter Arbeit zu füllen.
Die agrarischen Verhältnisse im Land der Äcker haben sich mittlerweile verändert, die gesellschaftlichen ebenfalls. An die Stelle der sommerlichen Kinderarbeit ist der schweißtreibende Eventurlaub getreten, die Sprachreise, und dem Leistungszwang geschuldet: Der Ferialjob. Ein Jugendleben ohne Sommerrobot gilt als Ressourcenvergeudung. Faulenzen ist böse. Zumindest für Sprößlinge aus leistungsfernen Häusern. Im Sommer wird also gehackelt, was das Zeug hält. Nicht immer gegen Bezahlung. Gilt doch Erfahrung als Wert, den zu erwerben der jugendliche Mensch sich tunlichst zu erdreisten habe. Lohnkostenneutral im besten Falle, gegen Gebühr im schlechteren.
Studentinnen und Studenten verbringen also die Sommer in den Hamsterrädern. Schuften sich prekär, arbeiten sich erfahren, hackeln sich klug. Beliebtestes Genre der Selbstentwürdigung ist die Gastronomie. Je westlicher der Betrieb ist, desto rauer die Sitten, desto dürftiger der Lohn. Die schönsten Einblicke in die Welt der Knochenarbeit lassen sich beim Kellnern gewinnen.
Trotz aller Unbill: Studentische Arbeit umweht das süße Odium der Tapferkeit. Sie wird melancholisch verklärt und als Nachweis harten Leistungswillen idealisiert. Den härtesten Studentenjob des Landes hat momentan Kollege Sebastian Kurz: Infant in eigenen Diensten.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 1.7.2017.