Neue Farbe

Die Donau, so ging ein launiger Witz in der jungen Republik, entspringe im Schwarzwald, fließe durch das schwarze Österreich und münde im Schwarzen Meer. Die Schwarzen. So wurden schon die Christlichsozialen von ihren politischen Kontrahenten genannt. Wegen ihrer Nähe zur katholischen Kirche und den gütig-giftigen Schatten des Erzhauses. Dessen Traditionstinktur war das Schwarz des spanischen Hofzeremoniells. Die Farbe der mondlosen Nacht hatten die Habsburger mit der Hausordnung aus Burgund nach Spanien gebracht. Von dort hatte sie Ferdinand I. als nunmehr spanisches Hofzeremoniell ins Land der Berge geholt.

In seltener Gleichzeitigkeit waren das burgundisch-spanische und das klerikale Schwarz beim Begräbnis der letzten gekrönten Kaiserin Österreichs konjugiert. Zita Maria delle Grazie di Bourbon-Parma (so der Mädchenname der Verstorbenen) wurde am 1. April 1989, exakt im zweihundertsten Jahr nach der Französischen Revolution, in einem pechschwarzen, von acht Rappen gezogenen Imperial-Leichenwagen vom Stephansdom zur Kapuzinergruft geführt. Schwärzer geht’s nicht.

Schon früh hat die Österreichische Volkspartei versucht, der Farbzuschreibung „Schwarz“ durch Neukolorierung zu entkommen. Leopold Figl etwa präferierte die Farbe Grün. Als einziger Unterschriftleister hatte der Staatsmann am 15. Mai 1955 den Österreichischen Staatsvertrag mit salatgrüner Tinte unterzeichnet. Die hatte der Außenminister seit seiner Bauernbundzeit in der Feder. Versuche das Rot-Weiß-Rot der Österreichfahne zu etablieren scheiterten ebenso wie regionale Initiativen mit Länderfarben oder die Buntvogel-Phase des frühen Erhard Busek. Der Benediktiner-Schüler Wolfgang Schüssel wiederum hatte keinerlei Berührungsängste mit der Traditionsfarbe. Der schwarze Habit der Patres des Wiener Schottengymnasium war ihm als Leitfarbe vertraut.

Ob die Farbflucht ins Blautürkise Kurzschen Idiosynkrasien oder der Parteigenetik entspringt, müssen andere klären. Marihuanakonsumenten rätseln auch über die Ansage, die Partei solle „breiter“ werden, um eine „Veränderung im Land einzuleiten“.

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 3.6.2017.

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