Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 22/2017 zum 31.5.2017.
Liebe Frau Andrea,
eine Freundin, eine echte Wienerin, behauptet steif und fest, „Tschik“ sei kein Wienerischer Ausdruck für die Zigarette, jedenfalls seien Tschik nicht das, was wir in der Trafik kaufen.
Liebe Grüße,
Gernot Raudaschl, Ottakring, per Email
Lieber Gernot,
wir werden versuchen, Licht in die nikotine Angelegenheit zu bringen. Die Tabak-Zigarette wird in Wien meist „Tschik“ genannt. Hierüber gibt es weitgehende Einigkeit. Das Wort kommt von romani „tsik“, soviel wie Kot, Schmutz. Damit wurde ursprünglich der weggeworfene und vom „Tschik-Arretierer“ oder „Tschickara“ aufgesammelte und wiederverwertete Zigarettenstummel bezeichnet. Nach anderer Forschung soll das Wort „Tschik“ vom friulanischen „cic“ (gesprochen: dschick) kommen und wie das italienische „cicca“ den Splitter bezeichnen. In anderer Sprachtradition wird der (seltener die) Tschik auch „Späh“, „Span“ oder „Stengl“ genannt. Er wird „ghaadsd“ (geheizt) oder „gstaubd“ (gestaubt). Weitere Begriffe für die Wiener Zigarette sind „Luntn“ (Lunte), „Flimmla“ (Flimmender) und „Nogl“ (Nagel). In Konsequenz längeren Abusus wird die Zigarette schließlich „Soagnogl“ (Sargnagel) oder „Beischlreißa“ (Beuschelreißer) genannt. Das „Spangerl“ schließlich ist eine minderwertige Zigarette. Verwandt mit der Zigarette (aber intimer konsumiert) ist der „Dschoind“ (Joint). Auch „Dscholli“ (Jolly), „Dschoh“ (Joe, wegen Joint), „Dütn“ (Tüte) oder schlicht „Ofen“ und „Gerät“ genannt. In jedem Fall versteht man in Wien unter den erwähnten Begrifflichkeiten eine selbst gemachte Haschzigarette zum Zwecke des gemeinsamen Konsums. Die Bastelwerke aus Zigarettenpapierblättern und zusammengerollten Fahrscheinen u.ä. werden „Aablott“ (Einblatt) und „Zwaablott“ (Zweiblatt) genannt. Der kompliziert zu fabrizierende „Dreiblott“ ist Experten mit langjähriger Erfahrung vorbehalten. Als Füllung dient der Tabakinhalt einer unparfümiertne Filterzigarette, sowie die zentrale Ingredienz: Haschisch, hierzuorte als „Kitt“, „Shit“, „Piece“, „Bröckerl“, „Bröserl“, „Kantn“ und „Eckn“ gehandelt. Ebenso gerne werden Joints in Wien mit Marihuana gefüllt, in Wien „Gros“ (Gras), „Graut“ (Kraut) oder „Wiesn“ genannt.
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