Die närrische Zeit ist in Verruf geraten. Als die Welt noch in faktischen Angeln hing, war die Sache doch ganz einfach. Ernst war Ernst und Spaß war Spaß. Damit sich die Dinge nicht vermischten, wurde das Kasperltheater erfunden und das Kabarett, die Betriebsweihnachtsfeier und der Fasching. Wer ausserhalb dieser Institutionen und Zeiten dem Irresein frönte, kam in den Gugelhupf oder verlor Ansehen und Würde, Geld und Gut, Kind und Kegel. Lustigsein war des Teufels. Das hatte und hat mit katholischer Moral zu tun und mit der Angst vor Freiheit. Wobei die Lutheraner und die Anhänger des Propheten nicht viel mehr Gnade für die Lachmuskeln vorsehen, als das Personal des Pontifex. Einzig die Juden vermochten Witz und Wirklichkeit in dialektische Waage zu bringen. Auch diese Disposition haben sie immer wieder bitterst büßen müssen.
Mit dem Eintritt ins postfaktische Zeitalter haben sich die Verhältnisse verkehrt. Im Kasperltheater wird wissenschaftlich gearbeitet, das Kabarett forscht und philosophiert, Betriebsfeiern pflegen den entsexualisierten Diskurs und dienen der Erwachsenenbildung. Im Fasching geht man in sich. Lotet die Ernsthaftigkeit aus, rechnet und prüft, denkt und dauert. Trinkt aus den ungesalzenen Kelchen der Erkenntnis.
Die Kostüme, in denen sich früher individuelle Sehnsüchte manifestierten, Pirat, Zirkusprinzessin, Kleopatra, Polizist, sind längst eingemottet. Heute verkleidet man sich als Präsident. Ehefrau. Politikberater. Kandidat. Saisonal uneingeschränkt. Idioten dämonisieren den Intellekt.
Donald J. Trump erscheint als Galionsfigur dieser Bewegung. Auf Kurs gebracht haben die Postfaktengaleere aber andere. Bungabunga-Clown Berlusconi, Tatsachenjongleur Orbán, die Borderline-Zwillinge aus dem Hause Kaczyński und der Schillerndste von allen: Zentralsultan Erdoğan. Die Le Pens und Faranges, Straches und Hofers trommeln die Ruderbänke an. Dort sitzen die Wutbürger, ducken sich vor dem Niederschlag aus Chemtrails und Bilderberg-Bewölkung und legen sich in die Riemen. Gelacht wird nur, wenn andere weinen.
Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 11.2.2017.