Suppen voll Frittatendrang

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 43/2016 zum 26.10.2016.

Liebe Frau Andrea,

ich habe mir nun extra einen Falter gekauft um an Ihre Email-Adresse zu kommen und hoffe, dass Sie mir folgende Frage beantworten können: Warum heißen die Palatschinkenstreifen in der Suppe eigentlich Frittaten? Vielen Dank im Voraus für den hoffentlich eintretenden Aha-Effekt und noch ein schönes Wochenende,
Rene Haslhofer, per Email

Lieber Rene,

um eine klare Rindsuppe kulinarisch zu differenzieren hat die Wiener Küche eine Vielzahl von Einlagen entwickelt. In den 70erjahren war die reiche klassische Rindsuppenwelt auf eine kärgliche Einlagen-Trias zusammengeschrumpft. Österreichs Speisekarten kannten nur mehr Leberknödel-, Backerbsen- und Nudelsuppen, tiroler Gasthäuser tauchten allenfalls noch Tirolerknödel und steirische Hadensterz in die Suppen. In der Hotelgastronomie servierte man noch die Bouillon mit Ei, schlechterdings mit Schnittlauch verunfeinert.

Die Postmoderne antwortete mit der Wiederentdeckung alter und komplexer Suppen-Einlagen. Das Wissen um ihre Zubereitung hatte in alten Kochbüchern und noch älteren Wirtshausköchinnen überlebt. Zum Einlagenrepertoire heutiger Rindsuppen gehören Speckschöberl, Speckknödel und Specknockerl, Bierfleischtascherl, Fleischstrudel, Lungenstrudel, Milzschnitten, Milzschöberl, Lebernockerl, Leberschnitten, Leberreis, Leberschöberl, Hirnprofesen, Hirnschöberl, Markscheiben, Markschöberl, Markknödel, Eingetropftes, Butterspatzen, Eiergraupen, Eierstich, Butternockerln, Brotwürfel, Reibgerstel, Grießnockerln, Bröselknödel, Biskuitschöberl, Schlickkkrapfen, Brandteignockerl, Maultaschen, Käsekrapferl, Kaiserschöberl, Kaspressknödel und schliesslich die schon erwähnten Suppen-Nudeln bis hin zur legendären Kinderfreude Buchstabensuppe.

Frittaten (hierzulande fälschlicherweise “Fridatten” ausgesprochen) sind nudelig geschnittene Palatschinken. Im Allemannischen werden sie Flädle genannt, im Italienischen taglioni die crespelle, in der französischen Küche Consommé Célestine. In Ungarn (wo unsere Palatschinken herkommen) heißt die Einlage palacsinta tészta. Der Name Fridatten/Frittaten kommt vom italienischen frittata und dieses von fritto, dem Partizip II des Verbs friggere, soviel wie gebacken, gebraten.


comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

Ein Gedanke zu „Suppen voll Frittatendrang“

  1. Also. Ich komme aus Wien und habe unter Franz Zodl Koch gelernt. Frittate ist eine „nackte“ Palatschinke. Anders ausgedrückt: Sobald man eine Frittate füllt, wird sie zur Palatschinke. Frittatensuppe rührt aus… geschnittene Frittate, nicht auszudenken wenn eine Palatschinke in der Suppe landen würde 😉 LG

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