Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 1.10.2016.
Ein Unglück komme selten allein, behauptet der Volksmund. Er bezieht sich dabei weniger auf Empirie, denn auf den Plot, in den eine der tragischen Figuren von Tannach und Altem Testament (und noch älterer sumerischer und akkadischer Narrative) verstrickt ist, ein Mann namens Hiob. Der vermögende und fromme Mann tritt uns in einer Erzählung entgegen, in der er auf Betreiben Satans (und unter Duldung seines Gottes) ins Unglück gestürzt wird. In multiplen und kaskadenartig hintereinandergeschalteten Schicksalsschlägen soll der arme reiche Mann geprüft werden. Was ist Gegenstand der Prüfung? Sein Gottesglaube. Man könnte, wollte man die Geschichte aus religionsferner Warte betrachten, auch sagen: Seine Prinzipientreue, sein Gutmenschentum, seine Ichpermanenz.
Im hebräische Referenztext heisst die geprüfte Figur Ijov. Martin Luther, Autor der ersten deutschen Bibelübersetzung versuchte die hebräische Schreibweise einigermaßen quellentreu in seine Muttersprache zu übertragen und nannte den Unglücksmagneten “Hiob“. Die Septuaginta, die Griechische und die Vulgata, die römische Bibleübersetzung hatten den Namen des Katastrophalprotagonisten mit „Iob“ wiedergegeben. Dem folgt der anglosächsischen Raum, wo der Name “Job” geschrieben und auch so ausgesprochen wird: Job.
Es darf also nicht wundern, das in jenem Beschäftigungsverhältnis, das die kapitalorientierte Marktwirtschaft so nennt, “Job” nämlich, die negativen Erfahrungen des Oberpechvogels Hiob/Job mitschwingen. Ist dieser doch aufgespannt zwischen den Plänen zweier Widersacher, die ihm aus unterschiedlichen Motiven Böses wollen. Der eine, ein politischer Agent namens “Satan”, um das Grundvertrauen Hiobs/Jobs zu erodieren, der andere, das Konzentrat aller Kontingenzen, “Gott” genannt, um ebendieses Vertrauen einer Gewaltprüfung zu unterziehen.
Ein Job ist also nicht weniger als die Doppelprüfung durch maligne wie wohlmeinende Akteure.
Aufklärung über diese etymolgisch-mentalitätsgeschichtlichen Zusammenhänge könnte bedeuten, das System “Job” durch ein besseres Modell der Existenzsicherung zu ersetzen.