Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 23.4.2016.
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Die Produktion von Erkenntnis über das Land fährt in Wahlzeiten Sonderschichten. Die Zustandsberichte liegen wie bleierne Tuchenten auf uns. Sechs Kandidatinnen sehr unterschiedlichen Kalibers wurden in den russischen Revolver der Eligibilität geladen. Über deren Chancen befindet die politische Wahrsagekunst in Form von gewichteten Umfrageergebnissen. Die Wahl selbst scheint nur mehr der Eichung der Befragungsstatistiken zu dienen. Etwas in den Hintergrund geraten ist die Tatsache, dass an diesem letzten Sonntag im April nicht der nächste Bundespräsident (oder die erste Bundespräsidentin) der Republik gewählt wird, sondern nur jene zwei Kandidaten ermittelt werden, die im zweiten, aber entscheidenenden Wahlgang gegen einander antreten werden. Der Wahlkampf ist also dem taktischen Geschick geschuldet, den Eintritt in dieses exklusive Duo zu schaffen und im Finale die Stimmen der vier unterlegenen Hoffnungsträger aufzulesen.
Verschiedene Profilschärfungen wurden vorgenommen und in Portraitverschönerungen, Publikumsbädern, Interviews und Diskussionen, insgesamt betrachtet aber in und zunehmend vielen Satireformaten auf die Probe gestellt. Manche Aspiranten kehrten Bekanntes hervor, manche Unbekanntes, manche verliefen sich in der Wahrhaftigkeit der Schwurbelei, manche logen Klartext. Wirkten die einen übertrainiert, sah man anderen die Verweigerung jeglicher Ratschlagekunst an. Gemessen wurden die zur Wahl Schreitenden an der Folie jener Männer, die bereits die Tapetentüren der Hofburg von innen geöffnet haben, an den bisherigen Bundespräsidenten. Deren Parodietauglichkeit wurde erfolgreich zum Ideal des Republikmonarchen hochgebürstet. Am Präambelautor Klestil orientieren sich die gallopierenden Phantasien zu Regierungsentlassungen und Mehrheitenjonglage. Ein Bundespräsident (auch der Kandidatin gefällt die männliche Form) muß vieles sein: Endzeitdirigent, Grüßaugust, Staatsgroßvater. Warum tut das alles so weh? Vergessen wir nicht: Wie man in die Wahl hineinruft, so schallt es aus ihr zurück.