Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 2.4.2016.
Was bleibt von einer Epoche? Was kommt ins Geschichtsbuch, was ins Museum, und was auf den Müllhaufen des Vergessens?
Späteren Betrachtern unserer Zeit werden unsere modischen Befindlichkeiten mehr erzählen, als uns heute lieb ist. Das Aussehen und die Bedienungsrituale unserer Elektro(nik)geräte wird man ins Archiv der Groteske stellen, gleich neben die Designremineszenzen zu Fahrzeugen und Möbeln, die Analysen zur Musik, die uns gefiel und die Bilderinnerungen an Frisuren und Farben.
Prominente Zeitgeistausschläge wird man als Verrauschen der Umstände bewerten, scheinbare Unwichtigkeiten in grössere Zusammenhänge stellen und ihnen leitmotivische Qualität zusprechen. Nichts wird so in die Geschichte eingehen, wie wir das heute planen. Ja, plant denn irgendjemand etwas? Gewiss. Ununterbrochen wird geplant, getüftelt und gedacht. Mit flammendem Eifer bosseln die Protagonisten politischen, medialen und kulturellen Vorgehens an ihren Denkmälern. Schreiben sich in die Warteliste zur Unsterblichkeit ein, errichten Lebenswerke, zeugen an Dynastien herum und gebären die Heldinnen und Helden nächster Tage. Manchen genügt die Unterschrift unter ein Epochengesetz, andere tippen, trällern und kritzeln sich dem Kulturkanon ein, durchklettern die Wettkampfstatistiken, springen aus dem Weltall. Wer ohne Begabung ist, kann auf den Werken anderen herumturnen und sich reich und berühmt sammeln. Fortgeschrittene Ewigkeitsprofiteure bauen und lassen bauen. Schischaukeln, Einkaufszentren, Kunsthallen, Landeshautstädte.
Wenn wir sterben, so die zentrale Erkenntnis der Menschheit, zerfallen wir zu Erinnerung. In der Wette mit dem Tod liegt das Streben nach Ruhm. Ich kriege Dich, sagt der Tod. Du wirst meinen Körper holen, darf ihm geantwortet werden, Werk und Wirkung aber wird mich überleben. Man muss das politische Handeln im Lichte dieser Sehnsucht betrachten. In jedem kleinen Bezirkspolitiker schlummert ein Kim Il-sung, ein Metternich, ein Che Guevara. In manchem grösseren Mandatar das Gespenst aus Braunau. Dann schon lieber Mutti Merkel. Zaunlos aber nicht zahnlos.
Was kommt auf den Müllhaufen des Vergessens? Was kommt auf den Müllhaufen einer Wegwerfgessellschaft? Wirft sich die Gesellschaft selber auf den Müllhaufen? Konsum produziert Müll, besonders in einer „Shopping – und Fernsehgesellschaft“. Betrachtenswert scheint auch die Unterscheidung zwischen billig und preiswert zu sein.
Die Bedeutung von billig findet man im Duden. Nahrungsmittel werden billigst produziert…
Jeder hat Recht auf ein riesiges Schnitzel, das aber auch nicht mehr wert sind als 3.- € inklusive Erdäpfelsalat.
Die Massenware wird bald vergessen sein. Gebrauchsgegenstände mit einem interessantem Design werden sich noch lange in dem einem oder anderen Haushalt und in verschiedenen Sammlungen finden.
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Jeder Wert hat seinen Preis. Das kopernikanische Weltbild hat sich auch nicht mir nichts dir nichts durchgesetzt. Viele Tollfüssler und Braungauer bezweifeln es heute noch. Aufklärung und Humanismus haben es hierzulande schwer, aber werden weiter leben, ebenso die Ideologien der Billig-Schnitzel-Fresser. Klassenkrampf als Perpetuum mobile.
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Ohne Ihnen Rosen streuen zu wollen, denke ich doch, daß in manchen Sammlungen Ihre Zeichnungen zu finden sind und sein werden.