Der ideale Bundespräsident

Andrea Maria Dusl. Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 12.3.2016.

Die Wahl des Österreichischen Bundespräsidenten leistet traditionell zweierlei. Sie bestätigt der Öffentlichkeit – es besteht aus Wahlvolk, Parteien und Presse – dass das höchste Amt im Staate dem höchsten Geschlecht im Staate zusteht. Nach herrschender Glaubenslehre ist dieses das männliche Geschlecht. Wohl haben immer wieder Frauen versucht, Bundespräsident zu werden, gelungen ist ihnen bisher nur, Bundespräsidentschaftskandidatin zu werden. Heide Schmidt wird viele Strophen dieses alten Lieds einst auch Irmgard Griss vorsingen können. Kommen wir zum zweiten Aspekt einer Bundespräsidentschaftswahl. In ihm finden jene Befindlichkeiten ihren Ausdruck, die das Gefühl betreffen. Der Bundespräsident soll – so ein ungeschriebenes Gesetz im Verfassungsrang – eine gewisse Franziskojosephinizität ausstrahlen. Wir erinnern uns: Der grantige alte Kaiser im blauen Galarock war vor allem eines: Staatsnotar und Dekretsignierer.

Mit ihrem tattrigen Nuscheln und einer ans Ewigliche kratzenden Langsamkeit erfüllten Franz Jonas und Rudolf Kirchschläger diese Vorgaben fast idealtypisch. Auch der UNO-Monarch Kurt Waldheim trat als Greis und Vollösterreicher an, zudem konnte er sich genau erinnern, woran er sich nicht erinnern konnte. Das sprach einer Mehrheit der Österreicher aus dem Herzen. Die Antwort aus dem Dilemma der Frühveralzheimerung der Staatsspitze war Thomas Klestil, ein Straßenbahnersohn aus Erdberg und gelernter Diplomat. In seiner sichtbaren Wut über Zustände und Entwicklungen fanden sich auch Nichtbürgerliche wieder. Klestil etablierte die nach unten zeigenden Mundwinkel als Präsidialsignum, erfand die Präambel und gefiel sich und der Opposition im Ablehnen von Ministern. Heinz Fischer schließlich war Mahner und Abwiegler in einem, Distanzakrobat und Händeschüttler, Sphinx und Klarträumer, kurz Sozialdemokrat der alten Schule.

Es würde sehr wundern, wenn der nächste Bundespräsident allzusehr aus der Reihe seiner Vorgänger tanzte. Bart, Grant, Nuscheln, Langsamkeit. Alles spricht für Alexander Van der Bellen.

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