Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 19.9.2015.
Wenn es dick kommt, kommt es immer ganz dick. Schulanfang wäre ja schon so ein dickes Ding, oder der Beginn der parlamentarischen Saison. Oder der Herbsteinbruch. Aber jetzt kam auch noch der Flüchtling. Und er kommt weiter.
Im Land der Gulaschkessel war der Flüchtling nicht ganz willkommen, er musste sich durch Stacheldrahtverhau kämpfen und Bekannschaft machen mit verwirrenden Wegmarkierungen, umgeleiteten Zügen und Konzentration in Lagern. Zu essen gab es Hingeworfenes, die Hotellerie beschränkte sich auf feuchtherbstlichen Pusztaboden. Das stolze Volk der Magyaren fühlte sich bedrängt von der fremden Gästeschar. Ihr Beherrscher, der Fürst der Tiefebene, Viktor Orbán, handelte. Und mal handelte er auch wieder nicht. Sein ständiger Umgang mit christlichsozialen Freunden aus demokratisch weiterentwickelten Ländern hat sein Gespür für Unrecht und Unordnung nur unwesentlich verbessert.
In der Stracheldrahtpartei des Herbert Kickl wuchs ihm indes ein starker Mentor zu. Zustände wie in Ungarn seien dringend zu vermeiden, hiess es von blauer Seite, auch Österreich müsse eingezäunt werden, sprach der Hazeh und seine Gefolgschaft dankte es ihm mit Applaus und Affirmation.
Orbánische Verhältnisse liess das Österreich der Nächstenliebe nicht aufkommen, die Zivilgesellschaft übernahm die Bahnhöfe, richtete Schienenersatzverkehr ein und übte sich in international bewunderter Wilkommenskultur.
Jetzt haben die bayerischen Freunde Viktor Orbáns die Reißleine gezogen. Um das maßvolle Miteinander auf Europas größtem Alkoholikertreffen nicht durch Ankommende aus durchstrudelten arabischen Verhältnissen zu inkommodieren, hat der Ministerpräsident von Bayern die Grenzen dicht gemacht und die Oktoberfestung ausgerufen. Wenn die halbe Welt anreist, um sich auf der Wiesen volllaufen zu lassen, soll die andere halbe Welt nicht in warmen Zügen und kuscheligen Bahnhöfen sitzen und dort Mineralwasser schlucken. Auch der Flüchtende soll die bayrischen Wiesen kosten. Die grüne Grenze ruft. Es kommt dick.