Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 29/2015.
Liebe Frau Andrea,
ich verstehe nicht, warum überall von Grexit gesprochen wird. Griechenland kann doch nicht aus Griechenland raus. Es könnte aus dem Euro rausgehen. Das müsste aber dann Euroxit heißen, oder?
Vielen Dank für diese und schon erfolgte Aufklärungen,
Thea Nieswasser, per Email
Liebe Thea,
wir werden versuchen, etwas Licht auf die Sache zu werfen. Das freiwillige oder gar erzwungene Ausscheiden eines Landes aus der Eurozone ist im „Vertrag über die Europäische Union“ nicht vorgesehen. In den Gründungsverträgen kommt der Begriff “Eurozone” nicht vor. Seine Mitglieder werden als “Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“ bezeichnet. Das Amt zur Veröffentlichung der Europäischen Union spricht vom “Euro-Währungsgebiet” oder “Euroraum”, um “die am Euro teilnehmenden Länder als Ganzes“ zu bezeichnen. Der Begriff des Grexit bezeichnet ungeachtet dessen das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Es ist eine Wortverschmelzung (auch: Kofferwort, portmanteau oder frankenword) aus englisch “Greece” (Griechenland) und “Exit” (Ausgang, Austritt, Abgang). Den Neologismus haben nach neuerer Forschung Willem Buiter und Ebrahim Rahbari, Chef-Analysten der US-amerikanischen Großbank Citigroup in einem Papier vom 6 Februar 2012 geprägt. Nach Aussage Buiters ist Rahbari der Autor des Ausdrucks. Das englische Greece (von der lateinischen Bezeichnung Graeci, geht auf die Griechen zurück, die im 8. vorchristlichen Jahrhundert in Italien, der späteren Magna Graecia, siedelten und sich selbst als Graikoí bezeichneten. Längst wird damit der heutige moderne Staat Griechenland bezeichnet. Etwas komplexer liegen die Verhältnisse beim “Exit”. Er kommt vom lateinischen Verb exire, hinausgehen, abgehen, und meint metonymisch auch den Untergang, Tod, den Exitus. In der Ökonomenlingo bezeichnet “Exit” eine Investment-Strategie des Risikokapitals. Hier wird nach einigen Jahren der Austritt (Exit oder Desinvestition) angestrebt. Die Kapitalgeber ziehen sich aus dem Unternehmen zurück. Sie verkaufen ihre Anteile an andere Unternehmen, Risikokapitalgesellschaften oder bieten sie dem Unternehmenseigner zum Rückkauf an. Als schlimmste Exit-Strategie gilt die Liquidation. Aeger! (lat.: traurig, verdrießlich).
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