Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 11.7.2015.
Handeln ist weder immer noch selten das Ergebnis von Denken. Fast alles denkt. Selbst der Bauch denkt, auch wenn seine Möglichkeiten eingeschränkt sind. Denken birgt stets die Möglichkeit des Irrtums. Eine Fluchtroute aus diesem Befund bietet das gemeinsame Denken. Gibt es Zeit und Raum, frische Luft und belebendes Catering, bietet es Vorteile vor dem Denken des Einzelnen. Denken Denkkräftige gemeinsam, lassen sich blinde Flecken ergänzen. Vermeintlich Dummes kann von anderen als Genieblitz erkannt werden, Großes als Ideenmüll, Unausgereiftes kann weitergedacht werden.
Wer führt, weiß zu delegieren. Wer im Stau des Handelns steckt, lässt denken. Gibt es zuwenig Ressourcen für eine Universität, nervt das zeitlose Ideenplätschern einer Akademie, wird in das Institut des Think Tanks investiert. Befüllt wird dieser mit hochdotiertem Denkpersonal, mit Flip Charts und Thermoskannen. In Zeiten mäandernder Monotonie nennt sich der Think Tank schon mal Denkfabrik, in Wahlkämpfen und Zeiten krisenhafter Ereignisse: War Room. Das Englische hat gegenüber dem Deutschen den metaphorisch größeren, wenn auch verwirrenden Ausguck, es versteht unter Tank nicht nur den Flüssigkeitsbehälter, sondern auch den Kettenpanzer. Dies kulminiert in Illustrationen, die zum Thema Think Tank ein Panzerfahrzeug darstellen, dem statt des Geschützturmes ein Gehirn aufgesetzt ist. Na ja. Das Deutsche sieht im Think Tank eher die Immobilie. Einen Öltank ohne Öl, ein Silo ohne Getreide, eine Zisterne ohne Wasser. Einen Tank des Denkens eben. Jedwede Bewegung, vom Sparverein bis zum Großkonzern leistet sich heute einen Think Tank. Politische Parteien selbstredend.
Innerhalb des Think Tanks – das ist ja seine offizielle Bestimmung – wird, nun ja, gedacht. In einer Vielfalt von Möglichkeiten. Vorgedacht, nachgedacht, angedacht und weitergedacht. Dreht sich das Tankdenken im Kreis und versteinert zur Andacht, kann auch schon mal quergedacht werden. Teilnehmer an Think Tanks haben die berechtigte Vermutung geäussert, dass die Erkenntnisproduktion des Think Tanks nicht der Qualität des auftraggeberischen Handelns zufliesst, sondern einzig dazu dient, den Entscheidungsträgern das Denken vom Leib zu halten.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 11.7.2015.