
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 20.6.2015.
In seinen “Vorlesungen über Philosophie der Geschichte“ macht sich der deutsche Philosoph Georg F.W. Hegel Gedanken über die Staatsumwälzung. Im traditionellen Verständnis ist damit die Revolution gemeint. Mangels Erfahrungen auf diesem Gebiet sprechen Österreicher eher vom “Gürtelengerschnallen”, vom “Schraubenanziehen” und gelinde und diffus vom Mittel der “Sanktionierung”. Auch mit der hierzulande etablierten Parole “es denen zu zeigen”, beziehungsweise “es denen einmal ordentlich zu zeigen” liesse sich die Phantasie der Staatsumwälzung zumindest andeuten. Wie auch immer, Hegel hat die Idee der erfolgreichen Revolution dahingehend bearbeitet, dass diese im Dafürhalten der Menschen erst dann angenommen werde, wenn sie sich wiederhole. So sei Napoleon zweimal gefangen worden, erläutert Hegel, und zweimal habe man die Bourbonen vertrieben. Durch die Wiederholung, so fasst Hegel zusammen, werde das, was anfangs nur als zufällig und möglich erschiene, zu einem Wirklichen und Bestätigten.
Diese Überlegungen wurden von einem zweiten Deutschen ein weiteres mal zu Geschichtsphilosophie gesponnen und damit ihrerseits zu zu Wirklichem und Bestätigtem. In “Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ entschärft der Autor das Hegelzitat, in dem er zur Verdoppelung geschichtlicher Ereignisse und Personenkonstellationen hinzufügt: Das eine Mal fänden diese als Tragödie statt, das andere Mal als Farce.
Karl Marx schrieb das.
Es lässt sich kaum ein Ereignis der Geschichte finden, an den Marx’ Aphorismus noch nicht angelegt wurde. Wie bei anderen Messvorgängen ist aber auch hier nicht ohne Belang, wo die Latte angelegt wird. In Bezug auf unser Zitat von der Tragödie und der Farce und die Vermessung der politischen Ereignisse in Schnitzelland werfen sich Fragen auf, deren Beantwortung erst der Zukunft gelingen wird: Ist Werner Faymann die Tragödie oder schon die Farce? Ist Rotblau (Niessl) die Farce von Schwarzblau (Schüssel) oder eine eigene Qualität politischer Rohheit? Und wenn alle Farcen verbraucht sind, überrascht uns das Rad der Geschichte mit neuen Tragödien?