Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 13.6.2015.
Die burgenländische Sozialdemokratie hat in beispielloser Geschwindigkeit und bislang unbekannter Konsequenz zu einer Liaison mit der sozialen Heimatpartei gefunden. Dieses rasche Zusammengehen wirft einige Fragen, aber noch mehr Antworten auf. Erblüht die neue blaurote Liebe auf einem schon lang bestellten Feld? Soll das Modell einer sozialdemokratisch-sozialheimatlichen Parteienehe Schule machen? Wird die Sozialdemokratie durch ihren neuen Partner brauner und schollennäher oder werden die Freiheitlichen mit marxistischer Ideologie infiziert? Darf man lachen oder muss man weinen?
Zu den Antworten. Man muß lachen und darf weinen. Was aus Rotblau wird, interessiert vor allem die Schwarzpartei. Feuer züngelt auf deren Kartenhausdach, ein jahrzehntelang praktiziertes Erpressungsmodell ist in Gefahr. Auch die Grünen empören sich mit Fug. Durch die Etablierung neuer Mehrheitsmöglichkeiten geraten ihre Koalierformeln ins Trudeln. Einzig die Linken in der Sozialdemokratie könnten gewinnen. Bislang waren sie Gefangene einer Doppelmühle, zerrieben zwischen der normativen Kraft des Faktischen und der düsteren Angst vor dem Eintreten des Unaussprechlichen. Seit dem burgenländischen Rotblau braucht niemand mehr alleinige Angst vor Schwarzblau zu haben. Ein billiger Gewinn, errungen an den Spieltischen des Absurden.
Auch magische Probleme wurden gelöst. Die Frage nach dem Wert des Tabus etwa. Die Unberührbarkeit der Toten, Kern jeden Tabus, wurde von der Erkenntnis aufgehoben, dass die Verstorbenen untot sind. Der Schoss des Bösen ist nicht nur fruchtbar, er gebiert Nachwuchs mit den Wankelmütigen unter den Bessermenschen. Das Tabu hingegen, wir bleiben bei diesem zentralen Begriff, das Verbot einer rotblauen Koalition, wurde nicht übertreten. Das Tabu ging verloren. Es existiert nicht mehr. Zeit, auch andere Tabus in die Verlustzone zu schieben. Unerhörtes wäre wieder denkbar. Die Rückkehr der Zukunft. Die Produktion von Visionen. Der Wiedereintritt des Menschen in Mündigkeit und Zonen gegenseitigen Respekts. Heisse Eislutschka. Besser als keine Eislutschka.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 13.6.2015.