Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16.5.2015.
“Dir werma geben!” ist ein böser Spruch. Ein österreichischer Spruch. Härter als jedes Urteil, unausweichlich, unheilsbringend. Sehen wir uns den Ausruf an, leuchten wir in die Tiefen dieser gängigen Drohung. Wer sind die Akteure, was wird angekündigt? Wer ist wer, wem gilt was? Das Subjekt, die Geberseite bösen Ungemachs, versteckt sich in der Silbe “ma”, soviel wie “mir”, angehängt an das unverfängliche “wer(n)”, “wer(den)”. “Dir werden mir geben” heißt der Schadenszauber in seiner ganzen Breite, “Dir werma geben!” Zwei Objekte also. Kein Subjekt. Eine Täterseite, die sich selbst auch als Opfer sieht. Seltsam, aber nicht unerwartet. Wir befinden uns in Österreich. Kleines ist groß, Großes klein, aber nicht immer, das aber stets.
“Dir werma geben!” Die Betroffenen stehen fest. Was wird gegeben? Forschen wir weiter. “Dir werma geben!”, lautet der Spruch, nicht: “Dir werma’s geben!” Die Gabe wird nicht kolportiert. Nicht ihr Ausmaß, nicht ihre Art. Gelehrte Österreicher (mithin alle Österreicher) wissen, was gegeben wird. Auch wenn es nicht ausgesprochen wird. Gegeben wird, was auch immer. Gegeben wird, was gerade da ist. Der Anlass erzeugt die Mittel, das Mittel oft den Anlass.
“Dir werma geben!” ist der ultimative Drohruf. Es wäre nun nicht Österreich, gäbe es nicht auch eine Steigerung des Extremen. Schlimmer noch als “Dir werma geben!” ist “Dir werma scho geben!” Scho. Scho ist hier der Zünder. Ein Wörtchen wie ein Schlag. Es birgt Trotz und Terror, Bosheit und Brutalität. Auch das Scho lässt sich grösser fassen. Scho, scho. Der Dämpfer jeglicher Eskalation, das Antidotum. Jedem “Dir werma geben!” liesse sich entgegenen: “Scho scho.” Schon, schon. Schau ma mal.
Die Machtanzeige des “Dir werma geben!” lässt sich nicht nur im Zwischenmenschlichen abrufen, auch die Behörde bedient sich ihrer. Die ultimative Drohung, die Österreich tätigen kann, ist der Bescheid. Im Bescheid fasst sich Österreich zusammen. Nicht in Kenntnis, Kunde oder Können. Im Bescheid, im Dirwermagem.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 16.5.2015.
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Aus vielfach gegebenem Anlass hier eine etymologische Hilfestellung für Twitter-People:
„Dirwermagem“ ist lautmalerisch für „Dir werma geben“, „Dir werden wir (es) geben“.
Einfach genial!
In wenigen Federstrichen arbeitspsychologische Erkenntnisse.
Ein dankbarer Arbeitspsychologe im Bundesdienst!